Die Europäische Union wird die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit Moldau starten. Das hat EU-Ratspräsident Charles Michel verkündet. Dabei lief die Abstimmung ohne den ungarischen Ministerpräsidenten Orban ab - offenbar war das mit ihm so abgesprochen.
Die Europäische Union hat nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel entschieden, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit Moldau zu beginnen. Zudem soll Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommen, wie Michel in Brüssel mitteilte.
Zu diesem Entschluss kamen die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel, wie EU-Ratspräsident Charles Michel im Onlinedienst X mitteilte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf X von einem "Sieg für die Ukraine" und "für ganz Europa".
Offenbar abgesprochen: Orban verlässt für Abstimmung den Raum
Der Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen muss einstimmig von allen 27 EU-Mitgliedern getroffen werden. Ungarn hatte sich zu Beginn des Gipfeltreffens als einziges Land dagegen ausgesprochen. Dazu wurde dies schliesslich mit einer "pragmatischen Lösung" umgangen: Der ungarische Regierungschef Viktor Orban verliess für die Entscheidung den Sitzungssaal, dies sei mit ihm abgesprochen gewesen.
Nach dem Votum hat sich Orban jedoch von der EU-Gipfeleinigung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine distanziert. In einem auf Facebook veröffentlichten Video sprach er am Donnerstag von einer "völlig sinnlosen, irrationalen und falschen Entscheidung". Er habe sich der Stimme enthalten.
"26 andere Länder haben darauf bestanden, dass diese Entscheidung getroffen wird", sagte der Ungar dazu. "Daher hat Ungarn beschlossen, dass, wenn 26 andere Länder dies tun, sie ihren eigenen Weg gehen sollten."
Orban sei mit der Entscheidung zwar nicht einverstanden gewesen, sagte Irlands Regierungschef Leo Varadkar. Er habe aber beschlossen, sein Vetorecht nicht zu nutzen. "Wir haben nun diese Vereinbarung getroffen und Ungarn hat beschlossen, nicht zu blockieren."
Orban hatte sich zuvor mehrfach deutlich gegen die Entscheidung für den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ausgesprochen. Er begründete dies mit Reformauflagen, die die Ukraine noch nicht erfüllt hat.
Scholz: Ukraine und Moldau "gehören zur europäischen Familie"
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Entscheidung des EU-Gipfels für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine als "starkes Zeichen der Unterstützung" für das von Russland angegriffene Land gewertet. Er begrüsste auch die gleichzeitig beschlossene Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Moldau. "Klar ist: Diese Länder gehören zur europäischen Familie."
Beitrittsverhandlungen als symbolischer Schritt
Befürworter einer positiven Entscheidung verwiesen beim Gipfel hingegen darauf, dass der Start von EU-Beitrittsverhandlungen vor allem ein symbolischer Schritt sein soll. "Es wird ohnehin viele Jahre dauern, bis der Beitritt stattfinden wird", sagte beispielsweise der scheidende niederländische Regierungschef Mark Rutte zu Beginn des Gipfels. Es gehe darum, den nächsten Schritt für ein Land zu ermöglichen, das während eines Krieges, den es auch für die EU führe, extrem hart an Reformen arbeite.
Die Ukraine und das kleine Nachbarland Moldau warten bereits sei Längerem auf eine Entscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen. Die EU-Kommission hatte diesen Schritt im November grundsätzlich empfohlen, der Europäische Rat musste aber noch zustimmen.
Dass die Kommission trotz noch nicht erfüllter Auflagen eine positive Empfehlung für die Ukraine abgegeben hatte, hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damals damit erklärt, dass die noch ausstehenden Reformen bereits auf den Weg gebracht seien. "Der Fortschritt, den wir in der Ukraine sehen, ist beeindruckend", betonte sie damals. Sie sei der festen Überzeugung, dass dies die Ukraine auch in ihrem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg stärke. (dpa/cgo)
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