Die europäische Bürgerbeauftragte fordert Änderungen bei den Such- und Rettungsregeln der EU und eine öffentliche Untersuchung von Todesfällen im Mittelmeer.
Eine Begutachtung nach einem Schiffsunglück in Griechenland mit mehreren Hundert Toten habe gezeigt, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit den derzeitigen Regeln nicht in der Lage sei, ihre Grundrechtsverpflichtungen vollständig zu erfüllen, das teilte Emily O’Reilly am Mittwoch in Brüssel mit. Ausserdem sei Frontex zu sehr von den Mitgliedstaaten abhängig, wenn Boote mit Migranten in Seenot geraten.
Mitte Juni waren etwa beim Untergang des völlig überfüllten Fischkutters "Adriana" rund 50 Seemeilen vor der griechischen Küste Hunderte Migranten ertrunken, die von Libyen nach Italien übersetzen wollten. Frontex habe den griechischen Behörden vier verschiedene Angebote zur Unterstützung bei der Überwachung aus der Luft gemacht, aber keine Antwort erhalten, kritisierte die Bürgerbeauftragte in ihrer Untersuchung. Nach den geltenden Vorschriften sei es der EU-Grenz- und Küstenwache nicht gestattet gewesen, ohne Erlaubnis der griechischen Behörden zu dem Boot zu kommen. "Folglich war Frontex nur zweimal am Unglücksort der Adriana - einmal kurz per Flugzeug zwei Stunden nach der ersten Alarmierung durch die italienischen Behörden und dann 18 Stunden später mit einer Drohne, nachdem das Boot bereits gesunken war."
O'Reilly kritisierte auch, dass Frontex keine internen Richtlinien für das Absetzen von Notsignalen habe. "Wir müssen uns fragen, warum ein so offensichtlich hilfsbedürftiges Boot nie diese Hilfe erhalten hat, obwohl eine EU-Agentur, die Behörden zweier Mitgliedstaaten, die Zivilgesellschaft und private Schiffe von seiner Existenz wussten", sagte sie. "Warum haben Berichte über Überfüllung, einen offensichtlichen Mangel an Schwimmwesten, Kinder an Bord und mögliche Todesopfer keine rechtzeitigen Rettungsmassnahmen ausgelöst, die Hunderte von Menschenleben hätten retten können."
Viele Migranten versuchen lebensgefährliche Überfahrten in oft seeuntauglichen Booten nach Europa. Dabei kommt es immer wieder zu schweren Bootsunglücken. Frontex wird von Nichtregierungsorganisationen immer wieder vorgeworfen, die Rechte von Flüchtlingen nicht ausreichend zu schützen. © dpa
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