In den Verhandlungen über die Reform der EU-Schuldenregeln hofft Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf eine Einigung bis Jahresende. Umstritten seien weiterhin die Vorschriften für die jährlichen Defizite der EU-Länder, sagte Lindner am Dienstag nach einer Sitzung der EU-Finanzminister in Luxemburg. Länder mit hohem Schuldenstand wie Italien und Griechenland wollen die Defizitregeln lockern, Deutschland dringt auf ein Nachschärfen der Pläne.

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Ein "glaubwürdiger, langfristiger Abbau der Schuldenquote" gelinge nur, wenn auch die jährlichen Defizite reduziert würden, sagte Lindner. Deutschland halte an den bisherigen Regeln des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakts fest, wonach ein Mitgliedsland jährlich höchstens Schulden in Höhe von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen darf. Dieses Kriterium sei für die Bundesregierung "kein Zielwert", sondern die Obergrenze, betonte Lindner.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hatte zuvor angekündigt, mit Deutschland einen Kompromiss aushandeln zu wollen. "Jeder weiss, dass eine Einigung zu den neuen Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts an einer französisch-deutschen Einigung hängt", sagte Le Maire in Luxemburg. Ein solcher Kompromiss könnte als Basis für eine Einigung auf EU-Ebene dienen. Lindner wollte die Pläne seines französischen Kollegen nicht kommentieren.

Vor allem südeuropäische Länder fordern eine Lockerung der Vorschriften aus dem Stabilitätspakt, der seit Jahren von vielen Staaten nicht mehr eingehalten wird. Die Vorschläge der EU-Kommission sehen deshalb eine höhere Flexibilität beim Abbau der Schulden vor: Die Mitgliedsländer sollen für den Schuldenabbau mehr Zeit erhalten und ihre Haushaltspläne direkt mit der Kommission absprechen können. Hochverschuldete Staaten sollen so mehr Spielraum für Investitionen bekommen.

Dennoch sollen die EU-Länder weiter versuchen, das Drei-Prozent-Kriterium und einen maximalen Schuldenstand von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einzuhalten. Die Schuldenstände hatten sich seit der Finanzkrise 2008 drastisch erhöht. In Italien liegt die Verschuldung zurzeit bei 150 Prozent des BIP, in Frankreich bei rund 110 Prozent.

In der Corona-Pandemie hatte die EU den Stabilitätspakt vorübergehend ausgesetzt, um den Mitgliedstaaten Milliardenhilfen für die Wirtschaft zu ermöglichen. Gelingt bis Jahresende keine Reform-Einigung, würden die alten Regeln ab Januar wieder greifen. Die nächste Verhandlungsrunde der EU-Finanzminister ist für den 9. November angesetzt.




  © AFP

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