Behörden dürfen ihren Beschäftigten das Tragen eines Kopftuchs oder anderer sichtbarer Zeichen religiöser Überzeugung am Arbeitsplatz einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge verbieten. Eine solche Regel sei nicht diskriminierend, sofern sie der Schaffung eines "vollständig neutralen Verwaltungsumfelds" diene sowie "allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal" angewandt werde, entschied das Gericht am Dienstag in Luxemburg. Bedingung sei zudem, dass sie sich auf das "absolut Notwendige" beschränke. (Az C-148/22)
Der EuGH entschied in einem Fall aus Belgien. Die Stadt Ans hatte einer muslimischen Mitarbeiterin das Tragen eines Kopftuchs bei ihrer Arbeit im öffentlichen Dienst verboten, wogegen die Frau vor dem Arbeitsgericht in Lüttich wegen Diskriminierung und Verletzung ihrer Religionsfreiheit klagte. Dieses legte den Fall dem EuGH vor, um eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen.
Die Luxemburger Richterinnen und Richter stellten klar, dass ein solches Verbot innerhalb einer öffentlichen Verwaltung im Sinn der Durchsetzung einer "Politik der strikten Neutralität" für alle Beschäftigten gemäss EU-Recht als "sachlich gerechtfertigt" gelte. Es seien allerdings auch andere Regeln gestattet. EU-Mitgliedsstaaten und ihre untergeordneten staatlichen Einheiten hätten generell einen "Wertungsspielraum" bei der Ausgestaltung der Neutralität im öffentlichen Dienst an den spezifischen Arbeitsplätzen.
So könne eine öffentliche Verwaltung das Verbot des sichtbaren Tragens von Zeichen religiöser Überzeugungen auch auf Arbeitsplätze mit Publikumsverkehr beschränken oder diese generell für ihre Beschäftigten gestatten, betonte das Gericht. Entscheidend sei aus Sicht des EU-Rechts allerdings, dass das Ziel jeweils "in kohärenter und systematischer Weise" verfolgt werde und sich die getroffenen Massnahmen "auf das absolut Notwendige" beschränken. Ob diese Anforderungen erfüllt seien, müssten die nationalen Gerichte prüfen. © AFP
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