Eine Explosion vor einem AfD-Büro in Döbeln, eine Gewalttat gegen einen AfD-Politiker in Bremen. Der Politologe Eckhard Jesse warnt davor, den Linksextremismus aus dem Blick zu verlieren.
Der Extremismusforscher Eckhard Jesse hat davor gewarnt, den Linksextremismus in Deutschland zu unterschätzen.
"Nach den Beobachtungen des Verfassungsschutzes ist die Gewalt von Links in den vergangenen Jahren stets deutlich höher gewesen als die von Rechts", sagte der renommierte Politologieprofessor der in Heidelberg erscheinenden "Rhein-Neckar-Zeitung" (Mittwoch). Er äusserte sich im Zusammenhang mit der noch nicht aufgeklärten Prügelattacke auf den Bremer AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz.
2017 hatte das Bundeskriminalamt 1130 rechtsmotivierte Gewalttaten registriert und 1967 linksmotivierte. Die Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor. "In der Öffentlichkeit wird das kaum wahrgenommen. Die politisch motivierte Gewalt von Links wird unterschätzt", sagte Jesse.
Solche Gewalttaten richten sich häufig gegen AfD-Veranstaltungen oder -Büros wie vor wenigen Tagen im sächsischen Döbeln. Umgekehrt werden auch Veranstaltungen und Büros der Linkspartei oder Flüchtlingseinrichtungen zur Zielscheibe von Gewalt.
Politiker zeigen sich nach Attacke auf Magnitz bestürzt
"Die Politik hat sich ohne Wenn und Aber davon zu distanzieren, ohne jegliche taktische Begründung. Das staatliche Gewaltmonopol ist eine Errungenschaft des demokratischen Verfassungsstaates", erklärte Jesse. "Wir dürfen solche Taten nicht hinnehmen. Hier sind alle Parteien gefragt, auch die Linke, auch die AfD."
Zahlreiche Politiker hatten sich nach der Attacke auf Magnitz bestürzt geäussert. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sprach in einer Reaktion von einem durch nichts zu rechtfertigenden Verbrechen, wofür ihm AfD-Chef Alexander Gauland seine Anerkennung aussprach.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), die selbst Opfer einer rechtsmotivierten Messerattacke geworden war, drückte Magnitz ihre Anteilnahme aus. "Solch ein Angriff trifft immer nicht nur den Menschen selbst, sondern auch die Familie, Freunde und Bekannte", sagte sie der "Bild"-Zeitung (Montag).
"Gewalt ist immer das falsche Mittel und auf das Schärfste zu verurteilen. In der Demokratie lebt die Auseinandersetzung vom Austausch von Argumenten und Ideen - gerade bei unterschiedlichen politischen Ansichtsweisen."
Attacke auf Video dokumentiert
Die ausgewerteten Videoaufnahmen aus dem Umfeld des Tatortes in Bremen zeigen den Ermittlern zufolge zwei Personen, die sich dem 66-jährigen AfD-Landesvorsitzenden am späten Montagnachmittag von hinten nähern.
Eine dritte Person laufe versetzt dahinter, teilte die Polizei am Abend mit. Einer der Unbekannten habe Magnitz von hinten so geschlagen, dass er gestürzt sei. Der AfD-Bundestagsabgeordnete erlitt demnach eine stark blutende Kopfverletzung. Anschliessend sei das Trio geflüchtet.
"Wir konnten auf dem Videomaterial keinen Einsatz eines Schlaggegenstandes feststellen", sagte eine Polizeisprecherin. Zunächst hatte die Polizei angegeben, die Unbekannten hätten einen Gegenstand verwendet. Die AfD hatte von einem Kantholz gesprochen. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.