Was ist das Ziel der Fair-Food-Initiative? Irène Kälin, Nationalrätin der Grünen Partei, nimmt Stellung.
Gute Qualität, umwelt- und ressourcenschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt: Solche Lebensmittel will die Fair-Food-Initiative fördern. Die ökologische Landwirtschaft soll gestärkt werden. Auch importierte Lebensmittel sollen nachhaltige und faire Anforderungen erfüllen.
Produkte aus fairem Handel und bäuerlichen Familienbetrieben sollen begünstigt werden. Davon profitieren alle: Tiere, Umwelt und Klima, Konsumentinnen und Konsumenten, Bäuerinnen und Bauern. Und damit liegt die Initiative in der Mitte der Gesellschaft. Immer mehr Menschen wollen regional, saisonal, ökologisch und fair einkaufen.
Aktuell nicht klar erkennbar, wenn es nachhaltige Produkte sind
Leider sind aber noch viel zu wenig faire und ökologische Lebensmittel auf dem Markt und oft fehlen auch geeignete Deklarationen, die uns transparent über die Nachhaltigkeit und Fairness von Produkten aufklären. Das soll sich ändern.
Aber die Initiative will noch mehr. Sie verlangt, dass die Auswirkungen von Transport und Lagerung auf die Umwelt und die Verschwendung von Lebensmitteln – Food Waste – reduziert wird. Das tut dringend Not. Denn heute werfen wir in der Schweiz ein Drittel der Lebensmittel weg. Jedes dritte Joghurt. Jedes dritte Brot. Jede dritte Banane. Jede dritte Rindsleber. Das ist unhaltbar. Wer Food Waste vermeidet, spart am richtigen Ort.
Denn es kann und darf nicht sein, dass andere Menschen hungern, unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und Tiere in unwürdigen Stallungen zusammengepfercht und mit ungesundem Futtermittel gestopft werden um dann in unseren Mülltonen zu landen. Das muss sich ändern. Fair-Food setzt dazu die richtigen Anreize, denn sie bringt zu kurze Ablauffristen und absurde Normen wie Standartgrössen genauso zu Fall wie sie nachhaltige und faire Produkte fördert und Transportwege so kurz wie möglich halten will.
Nachhaltigkeit kennt keine Nationalität
Das tönt doch alles gut. Zu gut für die Gegner der Initiative, die nun unterstellen wollen, die Initiative fordere Schweizer Standards auch für Importe, was bedenklich wäre und kaum umsetzbar gegenüber anderen Ländern. Aber das ist falsch. Denn die Initiative fordert keine Schweizer Standards.
Die Initiative will nachhaltige Lebensmittel fördern – im Inland und bei den Importen. Nachhaltig ist ein Lebensmittel nicht, weil es Schweizer Standards erfüllt, sondern wenn es sich an international anerkannte Nachhaltigkeitsziele hält. Wie beispielsweise an die Nachhaltigkeitsziele der UNO.
Nachhaltigkeit kennt keine Nationalität. Nachhaltig ist nachhaltig, unabhängig vom Ort. Aber mit der Fair-Food-Initiative können auch Produzenten im Ausland, welche in die Schweiz exportieren wollen, zum Umdenken motiviert werden, denn nachhaltige Produkte sollen mit der Initiative vermehrt importiert werden und da die Schweiz fast die Hälfte der Lebens- und Futtermittel importiert, betrifft die Initiative die Importe genauso wie die inländischen Produzenten.
Produkte aus Massentierhaltung nicht klar gekennzeichnet
Aber es geht auch hier nicht nur darum, was drin ist, sondern auch darum, dass darauf steht, was drin ist. Die Unterstützung für eine artgerechte Tierhaltung in der Schweiz ist gross. Trotzdem landen immer mehr importierte Eier und Fleisch aus industrieller Massentierhaltung in den Regalen – und dies ohne transparente Information!
Die Fair-Food-Initiative verbessert die Deklaration, damit die Konsumentinnen und Konsumenten die Wahlfreiheit haben und fördert die ökologischen Produkte in den Regalen. Und damit kommen wir zum zweiten Vorwurf der Gegnerinnen, die behaupten, dass sich mit der Fair-Food-Initiative die Lebensmittel verteuern würden. Auch das stimmt nicht.
Denn ein breiteres Angebot an fairen und ökologischen Lebensmitteln hat nichts mit dem Preis zu tun. Eine Studie der Westschweizer Konsumentenschutzorganisation FRC hat gezeigt: Wer regional, saisonal und unverarbeitet einkauft, der spart Geld. Zusätzliches Sparpotential liegt in der Reduktion von Food Waste, welche die Initiative fordert.
Gut für die Schweiz und für die Arbeits- und Produktionsbedingungen weltweit
Die wenigsten Schweizer Gesetze und Initiativen betreffen die Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, direkt. Das ist auch bei der Fair-Food-Initiative nicht anders. Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in Frankreich profitieren nicht davon, wenn Coop und Migros in der Schweiz ein grösseres und frischeres Angebot an fairen und ökologischen Lebensmittel in ihren Regalen haben.
Die Bäuerinnen und Bauern mit Schweizer Pass, die im Ausland ihre Felder bewirtschaften, profitieren nicht direkt, wenn die ökologische Landwirtschaft in der Schweiz gefördert wird. Aber Schweizer Konsumentinnen im Ausland, sowie Schweizer Bauern im Ausland profitieren indirekt.
Denn wenn wir in der Schweiz den Import von ökologischen und fairen Produkten steigern, setzten wir damit auch in anderen Ländern, welche in die Schweiz importieren wollen, Anreize für eine nachhaltige Produktion und für faire Produktion derselben. Das stärkt gute Arbeitsbedingungen im Ausland und fördert die ökologischen Produkte nachhaltig im In- und Ausland. © swissinfo.ch
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.