Der deutsche Bundespräsident besucht am Mittwoch die Schweiz. Wer ist Frank-Walter Steinmeier? Ein Portrait.
Die Voraussetzungen für einen guten Start waren eigentlich perfekt: Als Aussenminister genoss der Sozialdemokrat
Doch dann musste er seine neue Rolle erst finden: Der Übergang von den Verhandlungstischen an die Staatsbankette, von der Krisenintervention zu gesellschaftlichen Appellen brauchte Zeit. Was ist eigentlich die Botschaft dieses Mannes, fragte leicht ratlos die Süddeutsche Zeitung nach seinen ersten 100 Tagen im Amt.
Der Bundespräsident hat zwar viel Macht, doch im Alltag ist er bis auf wenige Punkte eben doch in erster Linie ein Repräsentant des Landes. Die Bürger erwarten von ihm einen moralischen Kompass, Leitlinien und Anstösse in gesellschaftlichen Krisenzeiten. "Ich will die Kräfte wecken, die in dieser Gesellschaft stecken", sagt er bei seiner offiziellen Nominierung. Das klang dann doch etwas zu vage, um als Programm zu gelten.
Neuwahlen verhindert
Seine grosse Stunde schlug mit den gescheiterten Sondierungsgesprächen zwischen den Parteien zwei Monate nach der Bundestagswahl . Deutschland stand ohne Regierung da. Die Zeichen standen auf Neuwahlen. Doch es kam anders. Der Bundespräsident zeigte mit einem Mal jene Autorität und Entschlossenheit, die viele an ihm zuvor im Amt vermisst hatten.
Die Lösung erforderte genau das, was der Diplomat Steinmeier hervorragend kann: Vermitteln, mahnen, zuhören, Menschen zusammenbringen und um eine Lösung ringen, selbst wenn die Lage aussichtslos scheint. "Wer sich um politische Verantwortung bewirbt, darf sich nicht drücken, wenn er sie in den Händen hält", gab er den Parteien mit auf den Weg.
Bodenständig und zugänglich
Über mangelnde Sympathien musste sich Steinmeier sowieso nie Gedanken machen. Er gilt als bodenständig, ehrlich und zugänglich. Wie einst
Dabei hilft ihm sicher das sympathische Auftreten seiner Frau Elke Büdenbender, die ihren Job als Verwaltungsrichterin in Berlin für ihre Rolle als First Lady auf Eis gelegt hat.
Die beiden strahlen eine authentische Verbundenheit aus. 2010 spendete Steinmeier seiner Frau eine Niere und zog sich für acht Wochen aus dem politischen Leben zurück. Seine ohnehin hervorragenden Beliebtheitswerte stiegen dadurch weiter an.
Zugleich ist er ein Politprofi, der die Fallstricke des Geschäfts kennt und sich entsprechend verhält. Er kann zuhören, das bescheinigen ihm viele. Steinmeier ist kein verbaler Polterer wie Gerhard Schröder oder sein Nachfolger im Aussenministerium Siegmar Gabriel.
Seine Formulierungen mögen zeitweilig gestanzt klingen, aber sie sind im Angenehmen keine Waffen sondern Ermunterungen – Appelle an Geduld, Aufeinanderzugehen und Dialogbereitschaft.
Diese Eigenschaften kommen ihm auch im Amt des Bundespräsidenten zugute. Und eins hat er vielen andern voraus. Steinmeier ist tief verwurzelt in der politischen Klasse.
Er kennt nicht nur alle wichtigen Köpfe der Innenpolitik, sondern aus seiner Zeit als Aussenminister jene auf der ganzen Welt. Auf seinen Reisen ins Ausland trifft er nun also auf viele bekannte Gesichter.
"Deutschland ist nicht Feindesland"
Kurz vor seiner Reise in die Schweiz gab
"Wenn ich auf die Schweiz schaue, dann schaue ich auf ein Land, das in Sachen Wirtschaft und Wissenschaft eine Weltspitzen-Nation ist."
"Deutschland ist Freundesland. Wir werden nicht nur gute Nachbarn sein. Wir haben gemeinsame Interessen, an denen wir gemeinsam weiterarbeiten werden."
"Von der Schweiz würde ich mir wünschen, dass man die Europäische Union nicht als Feindesland ansieht." © swissinfo.ch
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.