Zwei Tage nach dem überraschenden Ausgang der französischen Parlamentswahl sondieren die Politiker mögliche Mehrheiten.
"Ich will nicht in einer Regierung sein, an der Macrons Leute beteiligt sind", sagte die Grünen-Abgeordnete Sandrine Rousseau am Dienstag bei ihrer Ankunft in der Nationalversammlung. Das Lager von Präsident Emmanuel Macron hatte bei der Wahl die Mehrheit an das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront verloren.
Die Abgeordneten der Neuen Volksfront fanden sich am Vormittag erstmals in der Nationalversammlung zusammen. Obwohl sie sich vor der Wahl auf ein gemeinsames Programm und gemeinsame Kandidaten geeinigt hatten, trafen die Abgeordneten der beteiligten Parteien zu jeweils anderen Uhrzeiten ein.
Die erste Sitzung im Plenum findet allerdings erst am 18. Juli statt. Bis dahin wird es zahlreiche informelle Verhandlungen geben, um eine regierungsfähige Mehrheit zu finden. Derzeit ist die politische Landschaft von drei Blöcken geprägt - dem Regierungslager, der linken Neuen Volksfront und den Rechtspopulisten - die untereinander stark weitgehend verfeindet sind.
Die Neue Volksfront will sich bis Ende der Woche auf einen Kandidaten für das Amt des Premierministers einigen. Im Gespräch sind etwa der frühere Präsidentschaftskandidat der Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon, der Sozialisten-Chef Olivier Faure und die Grünen-Chefin Marine Tondelier.
Es ist jedoch offen, ob Frankreichs Präsident Emmanuel Macron tatsächlich einen Regierungschef aus dem linken Lager ernennen wird. Diesem fehlen etwa 100 Stimmen bis zur Mehrheit. Macron dürfte auf eine punktuelle Unterstützung der gemässigten Kräfte der Neuen Volksfront oder der konservativen Republikaner setzen. Das Aushandeln eines detaillierten Koalitionsvertrags nach deutschem Vorbild scheint angesichts der programmatischen Unterschiede bislang unwahrscheinlich.
Bis zum 18. Juli müssen sich auch die Fraktionen innerhalb der Nationalversammlung bilden. Danach dürfte sich das Bild etwas klären. Die Neue Volksfront wird sich voraussichtlich in mehrere Fraktionen aufspalten.
Macron hatte Premier Gabriel Attal am Montag gebeten, vorerst im Amt zu bleiben, um "die Stabilität des Landes zu wahren". Es wird damit gerechnet, dass der Präsident die Regierungsbildung bis auf die Zeit nach den Olympischen Spielen in Paris verschiebt. Attal wollte am Nachmittag mit den Abgeordneten des Regierungslagers besprechen, wie es weitergehen soll.
Nach AFP-Zählung kamen die Rechtspopulisten auf 143 Mandate, das Regierungslager von Macron holte mehr als 160 Sitze und die Neue Volksfront zwischen 190 und 195. Für eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung sind 289 Mandate nötig. Die Zahlen schwanken, weil die Kandidaten nicht immer eindeutig zuzuordnen sind.
Die erste Runde der Wahl am 30. Juni hatte der RN gewonnen. Um einen weiteren Durchmarsch der Rechtspopulisten zu verhindern, hatten in der Stichwahl zahlreiche Kandidaten des Linksbündnisses und des Regierungslagers zugunsten des jeweils anderen auf eine erneute Kandidatur verzichtet. © AFP
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