Seit Wochen schweigt der Staatschef zu "Gelbwesten"-Protesten, jetzt will Emmanuel Macron sein Schweigen brechen und sich Montagabend an die Franzosen wenden.

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Es wird fast schon zur Routine: Nach neuen Demonstrationen der "Gelbwesten" mit Krawallen und vielen Festnahmen dankt Emmanuel Macron artig den Sicherheitskräften für ihren Mut und ihre Professionalität. Der französische Staatschef ist aber zwei Wochen vor Weihnachten seinen Bürgern eine Antwort schuldig geblieben, wie er die von den Massenprotesten ausgelöste politische Krise beilegen will.

"Der Präsident der Republik muss zunächst sprechen - und rasch sprechen", fordert Alain Juppé, der konservative Bürgermeister von Bordeaux. Der keinesfalls als Hitzkopf bekannte Polit-Routinier und Ex-Premier mahnt beim mehr als 30 Jahre jüngeren Staatschef unverhohlen "starke Massnahmen" an.

Macron will sich nun am Montagabend an die Franzosen wenden, wie Élyséekreise bestätigten. Der Druck sei einfach zu hoch, meinten Beobachter. Am Samstag waren wieder weit über 100 000 Menschen auf die Strasse gegangen, davon mindestens 10 000 in der Hauptstadt.

Bisher sprach nur Macrons Premier

Macron schickte in der eskalierten Krise bisher seinen knochentrockenen Premier Édouard Philippe an die Front und hielt sich mit Äusserungen merklich zurück. Die Mitte-Regierung legte als Zugeständnis die umstrittene Steuererhöhung für Benzin und Diesel auf Eis - doch das reicht nicht aus, um den Flächenbrand im Land zu löschen. Die Forderungen gehen weiter: mehr Kaufkraft für sozial Schwächere, eine Wiedereinführung der weitgehend abgeschafften Vermögensteuer, Zugeständnisse bis hin zum Rücktritt Macrons.

In Pariser Ministerien werde überlegt, die Sozialausgaben zu erhöhen oder Steuererleichterungen einzuräumen, berichtete die Sonntagszeitung "Le Journal de Dimanche" (JDD) unter Berufung auf Insider. Für den sozialliberalen Macron und die Philippe-Regierung ist der Konflikt allerdings eine Gratwanderung - denn sie hatten Europa versprochen, die Staatsfinanzen zu sanieren und die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft einzuhalten. Allein der Verzicht auf das Anheben der Treibstoffsteuer schlage im kommenden Jahr mit etwa vier Milliarden Euro zu Buche, so das "JDD".

Muss Macron seinen Stil ändern?

Beobachter fragen sich, ob Premier Philippe angesichts der von Macron geforderten Kursanpassung auf Dauer noch zu halten sei. Zu rechts, zu technokratisch - so lautet vielerorts das harte Urteil über den 48 Jahre alten Ex-Bürgermeister der Küstenmetropole Le Havre.

Macron werde auch seinen Stil ändern müssen, lautet eine andere Erwartung. Eine als herablassend empfundene Bemerkung über die "veränderungsunwilligen Gallier" oder die Stigmatisierung von Reformgegnern als Müssiggänger hatten den früheren Investmentbanker Kredit gekostet. "Der Gallier, der einen Diesel fährt", nehme es nicht mehr hin, dass sich die Elite des Landes über ihn mokiere, schrieb der Autor Aymeric Patricot in der Zeitung "Le Monde".

Erhöhung der Benzin- und Dieselsteuern

Der Meinungsforscher Brice Teinturier sprach in dem Blatt von einem "riesigen Gefühl der Ungerechtigkeit und der Missachtung", das schon seit Jahren bei den Menschen spürbar sei. "Die "Gelbwesten" sagen: "Schaut uns an, wir sind da, wir existieren"", resümiert der Experte. Die Erhöhung der Benzin- und Dieselsteuern sei nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe.

Macrons Ansehen im Ausland dürfte angesichts der Dauerproteste leiden, meinen Kommentatoren. Die Zeiten, in denen der 40-Jährige sein Image als dynamischer Senkrechtstarter und fordernder Europafreund ausspielen konnte, scheinen vorerst vorbei zu sein.

Sein US-Amtskollege Donald Trump nimmt bereits die Schwächung Macrons als Anlass für neue Attacken. Der unberechenbare Herr des Weissen Hauses sieht die "Gelbwesten"-Proteste als eine Bestätigung für seinen Kurs, das Pariser Klimaschutzabkommen aufzukündigen. "Das Pariser Abkommen geht für Paris nicht so richtig auf", lautet Trumps Einsicht. Die Antwort von der Seine kam postwendend: "Wir nehmen nicht Teil an den amerikanischen Debatten, lassen Sie uns unser Leben als Nation leben", meinte Aussenminister Jean-Yves Le Drian.

(dpa/af)

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