• Am kommenden Sonntag findet die Niedersachsen-Wahl statt.
  • Welche Partei hat gute Chancen und was bedeutet der Ausgang der Wahl für die Ampel in Berlin?
  • Hier die wichtigsten Fakten.
Eine Analyse

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Wie ist die Ausgangslage?

Letzte Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden aktuell zusammen regierenden Koalitionspartnern SPD und CDU. Es ist die letzte noch verbliebene Grosse Koalition in einem Bundesland. In Hannover haben in der auslaufenden Wahlperiode Beobachtern zufolge die Sozialdemokraten um Ministerpräsident Stephan Weil und die CDU mit ihrem aktuellen Spitzenkandidaten Bernd Althusmann geräuschlos zusammen regiert.

Nun will die CDU diese Koalition nach der Wahl sogar fortsetzen – unter ihrer Führung. Doch den Umfragen zufolge werden wohl beide Parteien im Vergleich zur letzten Wahl Stimmenanteile einbüssen.

Die Grünen sind in Umfragen derzeit besonders stark. Möglicherweise können sie ab Sonntagabend bestimmen, wer in Hannover zukünftig regiert. Schlecht sieht es für die FDP aus. Sie steht in Umfragen nahe an der 5%-Hürde. Sie konnte in den vergangenen Jahren in der Hannoveraner Opposition nicht profitieren.

Die AfD kann Umfragen zufolge wohl zulegen, obwohl zuletzt staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue in ihrem Landesverband geführt worden sind.

Wer ist der beliebtere Spitzenkandidat?

CDU-Chef Althusmann ist als stellvertretender Ministerpräsident für die Landespolitik der vergangenen Jahre mitverantwortlich. So kann er im Wahlkampf nur schwer seinen Koalitionspartner, die SPD, angreifen. Im Gegensatz zu Althusmann kann Stephan Weil die Rolle des Landesvaters ausspielen.

Laut letzter Umfrage von Infratest-Dimap liegt Weil bei einer Zustimmung von 50% bei den Wählern, sein Herausforderer Althusmann bei lediglich 28%. Bei den Anhängern der Grünen liegt Weil mit 72% vorne. Und selbst bei den traditionell eher der CDU näherstehenden FDP-Sympathisanten liegt der Sozialdemokrat an erster Stelle.

Auch wenn es keine Direktwahl des Ministerpräsidenten gibt und die Wahl erst am Sonntag ist, scheint nach Umfragen derzeit der Amtsinhaber als Person die besseren Karten zu haben.

Welche Themen sind entscheidend?

Stephan Weils SPD versuchte im Wahlkampf vor dem Hintergrund von Preissteigerungen und hohen Energiekosten die sozialpolitischen Themen in den Vordergrund zu stellen. Auch die Schuldenbremse im Bund, die Finanzminister Lindner weiter verteidigt, hat Weil kritisiert. Sein Herausforderer Althusmann von der CDU hat im Wahlkampf vor allem die Bundesregierung kritisiert. Es ging ihm dabei vor allem um die Energiepolitik und den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken.

Daneben gibt es auch die typisch landespolitischen Themen wie Bildung, Verkehr und innere Sicherheit. Es ging etwa um den Abschuss von Wölfen, den Stellenwert von Gesamtschulen und Abstandsregeln für Windräder. Auch der Umgang mit Massentierhaltung ist im Agrarland Niedersachsen von hoher Bedeutung. Doch bei den Wahlkampfauftritten wurden regionale Aspekte oftmals von den gegenwärtigen grossen Krisen rund um Inflation und Energiekosten überdeckt.

Wahrscheinliche Koalitionen: Wer kann mit wem?

Die letzten Umfragen deuten darauf hin, dass es zu einer Rot-Grünen Koalition kommen könnte. SPD und Grüne haben bereits ihre Bereitschaft erklärt, miteinander regieren zu wollen. Noch viel entscheidender: Zahlen von Infratest-Dimap ergaben, dass innerhalb der Anhänger der Grünen eine gemeinsame Koalition mit der CDU wesentlich unbeliebter ist, als eine mit der SPD. Somit spricht einiges dafür, dass die Grünen Rot-Grün vorziehen könnten, selbst wenn es für Schwarz-Grün reichen sollte.

Dies legen auch Daten der Uni Münster nahe. Die dortigen Wissenschaftler haben die Wahlprogramme der Parteien analysiert und damit den "Wahl-Kompass" erstellt. Damit können Wähler ihre Nähe zu Parteien herausfinden. Bei der Auswertung kam heraus, dass SPD und Grüne bei 77,4% der bei dieser Wahl relevanten Themen Nähen zueinander aufweisen. CDU und Grüne jedoch nur bei 43,3%. Besonders deutlich wird dies in den wichtigen Fragen zur Umwelt- und Verkehrspolitik. Hier gibt es bei Rot-Grün Übereinstimmungen in 69,6% in diesen Themenfeldern; Schwarz-Grün kommt nur auf 29,1%.

Wenn es allerdings zu Rot-Grün kommen sollte, würden die Grünen vor wichtige Fragen gestellt werden. Sie müssten sich dann zu den LNG-Terminals positionieren, welche die Rot-Schwarze Landesregierung bereits angefangen hat zu bauen. Umweltschützer laufen derzeit dagegen Sturm. Auch die Frage der Atomkraftwerke und eine Diskussion um Gas-Fracking könnte im eher linken grünen Landesverband noch schwierige Debatten nach sich ziehen.

Was bedeutet die Wahl für den Bund?

SPD und CDU sind in Niedersachsen noch grösser als in anderen Bundesländern. Dies gilt besonders für die SPD, die in Niedersachsen in Umfragen deutlich stärker ist, als die Bundes-SPD. Denn das Bundesland hat noch so etwas wie Milieuregionen. Abschnitte im Land, in denen bestimmte Parteien traditionell besonders stark sind. Im Raum südlich von Hannover ist dies seit je her die Sozialdemokratie gewesen. Ganz im Süden des Landes, im katholischen Eichsfeld, und auch im Nordwesten des Bundeslandes, im Emsland, hat die CDU ihre Hochburgen.

Ein schlechtes Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl dürfte bei Berliner Christdemokraten zu Diskussionen über ihren bisherigen Kurs führen. Denn auch wenn die CDU in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen den Ministerpräsidentenposten verteidigen konnte, gelang es der CDU schon länger nicht, eine Staatskanzlei für sich zu erobern. Die SPD würde einen Sieg für sich als Aufwind verstehen. Doch die weitaus schlechteren Umfragen der Bundes-SPD machen deutlich, dass Berlin von einer gut aufgestellten Landespartei mit beliebtem regionalen Spitzenkandidaten dennoch nur schwer profitieren können wird.

Bei den "kleinen" Parteien", besonders bei den Ampelpartnern, wird die Landtagswahl wohl auch ihre Auswirkungen haben. Wenn es den Grünen gelänge, ein im Vergleich zur letzten Landtagswahl besonders gute Ergebnis zu erhalten, könnten sich auch die Berliner Grünen gestärkt sehen – besonders nach Wochen zunehmender Kritik an Wirtschaftsminister Habecks Energiepolitik. Sollte die FDP in Hannover sogar aus dem Landtag herausfliegen, dürfte auch die im Bund in Umfragen schwach dastehende FDP alles unternehmen, wieder sichtbarer zu werden.

Verwendete Quellen:

  • nds.wahl-kompass.de: Wahl-Kompass
  • polit-kompass.de: Polit-Kompass
  • Infratest-Dimap: Niedersachsen-Trend September II 2022
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