"Wir schaffen das", sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ein Satz, der 2015 viel versprach - aber was wurde wirklich eingehalten? Wie ist der Stand fünf Jahre danach? Ein Faktencheck.
Spätestens seit 2015 erhitzt die Debatte über die Asylpolitik die Gemüter. Was hat die Politik seitdem bewirkt? Was ist Fakt und was nicht? Fragen und Antworten sollen einen Überblick über die derzeitige Situation geben.
Wie viele flüchten aktuell noch über das Mittelmeer nach Europa?
Über die Jahre gesehen sinken die Zahlen - zuletzt unter anderem auch wegen der Corona-Pandemie. Zwischen 1. Januar und 20. August kamen gut 42.000 Menschen nach Europa, neun von zehn nahmen dabei den gefährlichen Seeweg übers Mittelmeer. Schon vor der Coronakrise gingen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) die Zahlen zurück: 2015 erreichten knapp 1,05 Millionen Flüchtlinge Europa, 2019 waren es nur noch etwas mehr als 128.000. Seit 2015 kamen auf dem Mittelmeer mehr als 17.000 Menschen ums Leben oder gelten als vermisst, 2020 sind es bisher rund 500.
In welchem EU-Land beantragen die meisten Asyl?
Zwischen 2010 und 2019 stellten etwa 2,1 Millionen Menschen in Deutschland erstmals einen Asylantrag, 2019 waren es etwa 142.500. Nach absoluten Zahlen ist Deutschland seit Jahren das beliebteste Zielland in der EU. Im Verhältnis zu Bevölkerung und Wirtschaftskraft zeigt sich allerdings ein differenzierteres Bild bei der Aufnahme von Migranten: Dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR zufolge liegt Deutschland (Stand: Ende 2019) mit 137 Geflüchteten pro 10.000 Einwohnern hinter Schweden (253), Malta (202) und Österreich (152). In der Slowakei, Kroatien, Tschechien, Portugal und Rumänien kommen demnach gerade einmal 2 Flüchtlinge auf 10.000 Einwohner. Vergleicht man das Bruttoinlandsprodukt der Länder mit der Zahl der Flüchtlinge, denen sie Asyl gewähren, liegt Deutschland nach UNHCR-Angaben EU-weit auf Platz sieben, weltweit auf Platz 66.
Wer sind die Menschen, die nach Deutschland kommen?
Seit 2013 machen Syrer den grössten Anteil der Asylsuchenden aus; im laufenden Jahr (Januar bis Juli) wurde jeder dritte Erstantrag von einem Menschen aus dem Bürgerkriegsland gestellt. Der Irak (knapp zehn Prozent), Afghanistan (knapp acht) und die Türkei (knapp sechs) folgen. Etwa ein Drittel der bisherigen Asylanträge in diesem Jahr wurde für Kinder unter vier Jahren gestellt. Der relativ hohe Anteil junger Menschen erklärt sich etwa dadurch, dass Eltern für ihre hier geborenen Kinder Asyl beantragen. Der Anteil der Minderjährigen liegt 2020 bislang bei 54 Prozent. Insgesamt gibt es etwas mehr männliche als weibliche Antragsteller (57 zu 43 Prozent). Am grössten ist der Unterschied in der Gruppe der 18- bis unter 25-Jährigen: Hier kommen 68 Prozent der Anträge von Männern, 32 Prozent von Frauen.
Wie viele Schutzsuchende haben einen Job?
Aus den Hauptherkunftsländern wie Afghanistan oder Syrien waren im Mai 2020 weniger als ein Drittel der Asylbewerber in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Die Quote der Deutschen lag bei 62,5 Prozent, wie es in einem Bericht der Bundesarbeitsagentur (BA) heisst. Die Integration in den Arbeitsmarkt brauche einen langem Atem. Trotzdem sei die Entwicklung positiv: Im Frühsommer 2015 hatte die Quote bei Schutzsuchenden noch bei rund 18 Prozent gelegen. Bei Vollzeitjobs handelte es sich in zwei Drittel der Fälle um eine Arbeit mit geringem Lohn. Generell rutschen nach BA-Angaben Flüchtlinge sehr schnell in die Arbeitslosigkeit. Die Wahrscheinlichkeit ist mehr als doppelt so hoch wie bei Ausländern insgesamt.
Welche Straftaten begehen geflüchtete Menschen?
Das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht jährlich Zahlen über die Kriminalität von Zuwanderern. Dazu zählen Menschen mit Asylstatus, Duldung oder unerlaubtem Aufenthalt. 2019 lag der Anteil der Straftaten, bei denen mindestens ein Zuwanderer tatverdächtig war, im Verhältnis zu allen Delikten bei 9,0 Prozent - ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Zwischen 2015 (6,5 Prozent) und 2018 (9,7 Prozent) war der Anteil noch gestiegen. Wurde 2019 gegen Zuwanderer ermittelt, so ging es in drei von vier Fällen um Körperverletzung. (dpa/fra)
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