• In der Ära Trump galt die G7 fast schon als Auslaufmodell. Jetzt könnte die Gruppe westlicher Industriestaaten ein Comeback erleben.
  • Das liegt vor allem an der zunehmenden Konkurrenz zu autoritär regierten Ländern wie China und Russland.

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Die G7-Staaten wollen enger zusammenarbeiten, um den wachsenden Einfluss Chinas in der Welt einzudämmen. Die Aussenminister der westlichen Wirtschaftsmächte verständigten sich am Dienstag bei einem Treffen in London darauf, dazu gerade in strukturschwachen Regionen Afrikas, Lateinamerikas oder auch Südosteuropas aktiver zu werden. "Wir wollen uns viel intensiver damit auseinandersetzen, inwieweit China seine wirtschaftliche Macht nutzt, um seinen geostrategischen Einfluss überall auf der Welt auszudehnen", sagte Bundesaussenminister Heiko Maas am Rande der Beratungen. "Dem wollen wir etwas entgegensetzen." Darüber habe es grosse Einigkeit bei dem Treffen gegeben.

Maas forderte auch, in der China-Politik einen stärkeren Fokus auf Menschenrechtsfragen zu legen. "Wirtschaftsinteressen gibt es überall, aber Fragen der Menschenrechte und der Freiheitsrechte müssen grösseren Raum bekommen, wenn es um China geht", sagte der SPD-Politiker.

Die G7 verstehen sich als Staatengruppe, die die westliche Wertegemeinschaft vertritt. Ihr gehören die USA, Grossbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada an.

China-Politik ist bisher umstritten

Die China-Politik ist zwischen den Europäern und den USA bisher umstritten. Die Amerikaner verfolgen einen deutlich härteren Kurs gegenüber Peking. Das Vorgehen der chinesischen Führung gegen die muslimische Minderheit der Uiguren wird von den USA schärfer angeprangert, und ein gerade erst zwischen der Europäischen Union und China abgeschlossenes Investitionsabkommen wird von den US-Verbündeten kritisch gesehen. Differenzen gibt es auch hinsichtlich einer möglichen Beteiligung des chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei am Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes.

Beim Investitionsabkommen gab es am Mittwoch Bewegung auf europäischer Seite. Die EU-Kommission erklärte in Brüssel, sie sehe wegen Chinas Sanktionen gegen Abgeordnete des Europaparlaments Schwierigkeiten für die künftige Ratifizierung des Abkommens. Sie könne nicht von den umfassenderen Beziehungen zwischen der EU und China getrennt werden.

Die Aussenminister waren bereits am Montag zu ihrem insgesamt dreitägigen Treffen zusammengekommen, bei dem es um alle wichtigen internationalen Themen gehen soll. Im Mittelpunkt steht aber, wie sich die westlichen Demokratien gegenüber autoritär regierten Staaten wie China und Russland aufstellen.

Erstes persönliches Treffen seit zwei Jahren

"Wir versuchen, die auf internationalen Regeln basierende Ordnung aufrechtzuerhalten, in die unsere Länder in so vielen Jahrzehnten so viel investiert haben", hatte US-Aussenminister Antony Blinken schon nach seiner Ankunft in London dazu gesagt. Wenn ein Land - sei es China oder ein anderer Staat - diese Ordnung in Frage stelle, "werden wir aufstehen und die Ordnung verteidigen".

Es ist das erste persönliche Treffen der G7-Aussenminister seit zwei Jahren. Zu den Gesprächen in London sind auch Südkorea, Australien, Indien und Südafrika eingeladen. Die britische Präsidentschaft will die G7 so noch mehr zu einem zentralen Forum der grossen Demokratien machen.

Für Grossbritannien und Premierminister Boris Johnson ist die G7-Präsidentschaft im Jahr eins nach dem Brexit eine Chance, sich auf der Weltbühne als tatkräftige Nation zurückzumelden. Aussenminister Dominic Raab hat seit dem EU-Austritt mehrmals scharfe Kritik an Menschenrechtsverstössen etwa in China oder Myanmar geäussert. Ohne die EU könne das Vereinigte Königreich flexibler und schneller reagieren, wird in London gestreut.

Unter Trump verlor die G7 massiv an Bedeutung

Raab sagte: "Die britische G7-Präsidentschaft ist eine Gelegenheit, offene, demokratische Gesellschaften zusammenzubringen und Einheit zu demonstrieren, wenn die Zeit dringend gebietet, gemeinsame Herausforderungen und zunehmende Bedrohungen anzugehen." Bei dem Treffen in London soll der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Cornwall vom 11. bis 13. Juni vorbereitet werden. Es wird das erste grosse Gipfeltreffen mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden sein.

Während der Amtszeit seines Vorgängers Donald Trump hatte die G7 massiv an Bedeutung verloren. Trump hatte nur wenig Interesse an dem Gesprächsformat, liess einmal sogar nachträglich die Abschlusserklärung platzen. Unter seiner Präsidentschaft fand im vergangenen Jahr kein reguläres Gipfeltreffen statt - was allerdings auch mit der Corona-Pandemie zu tun hatte.

"Es gab eigentlich substanziell keine G7 mehr, weil die Vereinigten Staaten inhaltlich längst ausgestiegen sind", sagte Maas zu dieser Zeit. "Das ist jetzt wieder anders." Jetzt soll die Gruppe zu dem Forum werden, über die der Wettbewerb zwischen den Demokratien und Autokratien ausgetragen werden soll.

Keine Annäherung im Streit um die Gas-Pipeline Nord-Stream 2

Der deutsche Aussenminister nutzte das Treffen auch zu einem bilateralen Gespräch mit Blinken, das mit 40 Minuten doppelt so lange dauerte wie geplant. Dabei gab es keine Annäherung im Streit um die Gas-Pipeline Nord-Stream 2. Man habe "die uns wechselseitig bekannten Positionen noch einmal ausgetauscht", sagte Maas. "Es gibt keine Neuigkeiten."

Die fast fertiggebaute Pipeline zwischen Russland und Deutschland zählt seit Jahren zu den Hauptstreitpunkten in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Daran hat auch der Regierungswechsel in Washington Anfang des Jahres nichts geändert. Die USA befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas und wollen das Projekt mit Sanktionen stoppen. Befürworter der Pipeline halten den Amerikanern entgegen, sie seien nur auf bessere Absatzchancen für ihr Flüssiggas in Europa aus.

Maas betonte, dass der Streit mit den USA über die Pipeline nur einen "geringen Teil" der bilateralen Beziehungen ausmache. "Bis auf dieses Problem sehe ich (...) im Moment keines, das ich auch nur im Ansatz als ernsthaft bezeichnen würde." Deutschland und die USA sind gerade dabei, die in der Ära Trump schwer beschädigten Beziehungen wieder zu reparieren. (dpa/fra)  © dpa

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