Geht es nach dem Gemeinderat von Rekingen AG, sollen im Ort keine Wohnungen an anerkannte Flüchtlinge vermietet werden: Dazu ruft die Behörde in der offiziellen Gemeindezeitung auf. Sie fürchtet den "finanziellen Ruin".
Der Gemeinderat von Rekingen AG hat die Bürger der Gemeinde aufgerufen, keine Wohnungen an anerkannte Flüchtlinge zu vermieten. Das geht aus der jüngsten Ausgabe der Gemeindezeitung "Strichpunkt" (PDF) hervor.
"Der Gemeinderat Rekingen wurde von den Sozialen Diensten, Bad Zurzach, darauf aufmerksam gemacht, dass sieben ehemalige Bewohner der Asylantenunterkunft nun den Status B erhalten haben und diese sich in Rekingen fest niederlassen", heisst es unter dem Stichwort "Aufnahme Asylanten mit Status B". Der humanitäre Gedanke hinter der Wohnungsvermietung sei "lobenswert", diese Menschen lebten aber von der materiellen Hilfe - und könnten das Dorf gefährden.
Gemeinderat fürchtet finanzielle Probleme
"Sobald die Gemeinde kostenpflichtig ist, bedeutet dies den finanziellen Ruin für die Gemeinde Rekingen", behauptet der Gemeinderat. Aus diesem Grund bitte man die Eigentümer von Liegenschaften, "künftig von Mietverträgen mit Asylanten Status B abzusehen". Dieses Problem bestehe bei sämtlichen Empfängern von materieller Hilfe.
Der Gemeinderat möchte offenbar verhindern, dass sich anerkannte Flüchtlinge in Rekingen niederlassen - aus Angst, sie könnten der Gemeinde als Sozialhilfeempfänger zu Last fallen, sofern sie längerfristig arbeitslos sind.
143 Asylplätze bei 986 Einwohnern
Aktuell stehen in der 986-Seelen-Gemeinde von Kantonsseite 143 Asylplätze zur Verfügung. Platziert wurden hier bisher ausschliesslich männliche Flüchtlinge.
Sieben nun anerkannte Flüchtlinge wollen in Rekingen bleiben, wie der für Asylwesen zuständige Gemeinderat Roman Knöpfel der "Aargauer Zeitung" (AZ) bestätigte. "Es sind alles Eritreer. Fünf von ihnen haben bereits eine neue Bleibe hier in Rekingen gefunden."
Fünf Jahre lang zahlt der Bund
Für Flüchtlinge mit Asyl (Ausweis B) ist laut Staatssekretariat für Migration SEM finanziell der Bund zuständig, so seit Einreichung des Asylgesuchs weniger als fünf Jahre vergangen sind. "Die ganz grosse Frage ist, was danach passiert", warnt Knöpfel im Gespräch mit der AZ.
Die Gemeinde Rekingen hat auf Gemeindeebene einen Steuerfuss von 125 Prozent - den zweithöchsten im Aargau. Als Sozialfälle würden die anerkannten Flüchtlinge im Dorf "die Gemeinde existenziell bedrohen", glaubt Knöpfel.
Rekingen wolle nicht um jeden Preis vermeiden, dass sich Flüchtlinge in der Gemeinde ansiedelten, betonte der Gemeinderat. Man wolle den Menschen allerdings vor Augen führen, dass der Ort nicht sonderlich attraktiv sei, um längerfristig zu bleiben.
Kritik vom Netzwerk Asyl
Die Präsidentin des Vereins Netzwerk Asyl Aargau, Patrizia Bertschi, bezeichnete den Aufruf des Gemeinderats an die Bevölkerung als "sehr bedenklich, unfair und voreilig". Rekingen sei allerdings nicht die einzige Gemeinde, in der so vorgegangen werde.
"Tatsache ist, dass diese zumeist jungen Männer von der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt wurden und mit grösster Wahrscheinlichkeit den Rest ihres Lebens hierbleiben werden. Also müssen wir sie nach Kräften unterstützen, den rechten Weg in die finanzielle Selbstständigkeit zu finden", betonte Bertschi im Gespräch mit der AZ.
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