Der Europaabgeordnete der spanischen Christdemokraten, Esteban González Pons, hat anlässlich des 60. Jubiläums der Römischen Verträge eine ergreifende Rede im Europäischen Parlament in Strassburg gehalten. In seinem mitreissenden Weckruf an Europa wies er auf die Errungenschaften der europäischen Idee hin. Die Rede verbreitete sich rasch in den sozialen Netzwerken und fand grossen Zuspruch.

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Normalerweise sind Europaparlamentarier eher nicht dafür bekannt, mit ihren Reden Emotionen zu entfachen. Der Vorsitzende der Fraktion Europäischer Volksparteien, Esteban González Pons, schaffte es aber, eine Rede zu halten, für die das Internet ihn feierte wie einen Star.

Die Welt ist sehr kalt ausserhalb Europas

"Europa ist derzeit gebunden, im Norden durch Populismus und im Süden durch Flüchtlinge, die im Meer ertrinken. Im Osten durch Putins Panzer, im Westen durch Trumps Mauer. In der Vergangenheit durch Krieg, in der Zukunft durch den Brexit."

Mit diesen drastischen Worten beschrieb Pons den momentanen Zustand Europas als den einer Schicksalsgemeinschaft in unsicheren Zeiten. Europa sei mehr denn je auf sich allein gestellt, müsse zusammenrücken. Den Bürgern sei das nicht klar.

Er wies darauf hin, dass Europa angesichts der Globalisierung alternativlos sei, doch der Brexit zeige, dass man die Geschichte auch rückwärts beschreiten könne, wenngleich es ausserhalb Europas "sehr kalt" sei.

"Europa ist kein Markt. Es ist der Wille, gemeinsam zu leben"

Den Brexit nannte Pons die "egoistischste Entscheidung" der Nachkriegszeit, die "unsolidarischste Art, Lebewohl zu sagen". Europa zu verlassen, heisse nicht, einen Markt zu verlassen. Es heisse, gemeinsame Träume zu verlassen. "Aber wenn wir keine gemeinsamen Träume haben, so haben wir gar nichts."

Europa sei der Frieden nach den Schrecken des Krieges, die Versöhnung von Deutschen und Franzosen, die Rückkehr zur Freiheit in Griechenland, Spanien und Portugal, wo der EU-Beitritt gleichsam das Ende der Diktaturen markierte. Europa sei der Fall der Berliner Mauer, das Ende des Kommunismus', Europa stehe für Wohlstand, Demokratie und Grundrechte.

Quo Vadis, Europa?

"Können wir leben ohne all das? Können wir all das aufgeben?", stellte Pons in den Raum und fragte provokant: "Für einen Markt sollen wir all das hinter uns lassen?" Diese Frage stand über allem.

Am Mittwoch will die britische Regierung gemäss Artikel 50 ihren Austritt aus der Europäischen Union offiziell erklären. 60 Jahre nach Unterzeichnung der Römischen Verträge steht damit die EU an einem Scheideweg. Europa wird Politiker wie González Pons brauchen, wenn es aus dieser Krise gestärkt hervorgehen will.

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