Menschen mit kleiner Rente können bald auf einen Aufschlag hoffen. Nach stundenlangen Verhandlungen im Kanzleramt über die Grundrente gibt es einen Durchbruch.

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Im monatelangen Streit um die Grundrente hat sich die grosse Koalition auf ein Konzept mit einer Einkommensprüfung statt der umstrittenen Bedürftigkeitsprüfung geeinigt.

Die umfassende Einkommensprüfung sei Voraussetzung für die Sozialleistung, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am Sonntag in Berlin vor Journalisten. Es sei eine "gute und auch für die CDU vertretbare Lösung" gefunden worden.

Mit der Grundrente sollen Rentner einen Zuschlag bekommen, die 35 Beitragsjahre haben und deren Beitragsleistung unter 80 Prozent, aber über 30 Prozent des Durchschnittseinkommens liegt. Bei der Einkommensprüfung soll ein Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare gelten.

Grundrente möglichst unbürokratisch

Die grosse Koalition will die Grundrente möglichst unbürokratisch gestalten. Das betonten die Spitzen von CDU, CSU und SPD in ihrem am Sonntag in Berlin veröffentlichten Beschluss zum Koalitionskompromiss, den sie nach monatelangen Verhandlungen gefunden hatten. Der nötige Einkommensabgleich solle automatisiert und bürgerfreundlich durch einen Datenaustausch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden organisiert werden.

Flankierend zur Grundrente will die Koalition zudem einen Freibetrag beim Wohngeld im Volumen von etwa 80 Millionen Euro einführen. So soll verhindert werden, dass die Verbesserung in der Rente nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes aufgefressen wird.

Die Union hatte eine Bedürftigkeitsprüfung als Voraussetzung für die Grundrente gefordert. Die SPD war dagegen.

Dreyer: Grundrente erreicht bis zu 1,5 Millionen Menschen

Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer sagte, vor allem Frauen würden von dem Kompromiss profitieren. Vier von fünf Beziehern werden Frauen sein.

Die umfassende Einkommensprüfung solle technisch abgewickelt werden über eine Kooperation zwischen der Rentenversicherung und der Finanzverwaltung.

Dreyer sagte, dass mit der Grundrente ab dem 1. Januar 2021 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen erreicht würden. "Es ist ein sozialpolitischer Meilenstein, den wir heute miteinander beschlossen haben."

Söder: Die Kuh ist vom Eis"

CSU-Chef Markus Söder sagte, die Kosten für die Grundrente dürften zwischen einer und 1,5 Milliarden Euro liegen. Der Kompromiss habe die Halbzeitbilanz der grossen Koalition "perfekt abgerundet".

Söder sagte, "die Kuh ist vom Eis". Er sei wirklich erleichtert. "Damit ist aus meiner Sicht auch die Halbzeitbilanz der GroKo abgerundet, und zwar perfekt abgerundet. Aus meiner Sicht gibt es jetzt auch keinen Grund mehr, über den Fortbestand zu diskutieren."

Man habe ein "echtes Gerechtigkeits- und Leistungspaket" geschnürt, sagte Söder. Dieses zeichne sich durch eine gute Balance aus. Union und SPD hätten sich nicht in ideologische Nischen zurückgezogen, "sondern am Ende eine vernünftige Lösung für ganz Deutschland erreicht".

Söder verwies drauf, dass die Koalition sich auch auf eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verständigt habe.

Finanzierung durch Steuern

Die grosse Koalition will die Grundrente sowie die geplanten Freibeträge in der Grundsicherung und beim Wohngeld über Steuern und ohne Beitragserhöhung in der Rentenversicherung finanzieren.

Dazu werde der Bundeszuschuss zur allgemeinen Rentenversicherung erhöht, heisst es in dem am Sonntag in Berlin veröffentlichten Beschluss der Spitzen von CDU, CSU und SPD zum Grundrenten-Kompromiss.

Als wichtiger Beitrag zur Finanzierung der Massnahmen soll die im Koalitionsvertrag vereinbarte Finanztransaktionssteuer eingeführt werden.

Förderbetrag zur Altersvorsorge wird erhöht

Zudem will die Koalition die Verbreitung der zusätzlichen Arbeitgeber-finanzierten betrieblichen Altersversorgung bei Geringverdienern mit einem Monatseinkommen bis 2.200 Euro brutto stärker fördern. Dazu soll der Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung von maximal 144 Euro auf 288 Euro verdoppelt werden.

Um die Attraktivität von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen zur Vermögensbildung zu erhöhen, wollen Union und SPD auch den steuerfreien Höchstbetrag in diesem Bereich von 360 Euro auf 720 Euro anheben.

Der Koalitionsausschuss sei sich zudem einig gewesen, bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau einen Beteiligungsfonds für Zukunftstechnologien von bis zu 10 Milliarden Euro aufzulegen, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Klimatechnologien. (hub/afp/dpa)

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