Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson hat alles versucht. Doch die berühmte Glocke Big Ben wird den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union nicht einläuten. Das ambitionierte Vorhaben scheitert an den hohen Kosten.
Die Idee passte zu
Big Ben sollte um 23 Uhr britischer Zeit die frohe Kunde von der neuen Unabhängigkeit Grossbritanniens Richtung Kontinent tragen.
Big Ben läutet den Brexit nicht ein
Aus dem Brexit-Läuten aber wird nichts. Der Grund dafür ist profan: Der Aufwand und die Kosten für das kurze Vergnügen sind zu hoch.
Denn der Elizabeth-Turm, wie das bald 200 Jahre alte Bauwerk offiziell heisst, wird seit 2017 renoviert. Geläutet hat die 13,5 Tonnen schwere Glocke seitdem nur zu bestimmten Anlässen: anlässlich eines Gedenktags im November zu den beiden Weltkriegen und zum Jahreswechsel.
"Weil Big Ben renoviert wird, scheinen sie den Klöppel weggenommen zu haben, also müssen wir den Klöppel wieder einsetzen, um Big Ben in der Brexit-Nacht zu schlagen", hatte Johnson im Frühstücksfernsehen der BBC erklärt.
Damit aber wäre es längst nicht getan gewesen. Den Klöppel zurück in die Glocke zu bringen, einen neuen Boden einzuziehen, Sicherheitsmassnahmen, das Unterbrechen der Restaurierungsarbeiten, temporäre Ein- und Umbauten - all das trieb die errechneten Kosten, um Big Ben zum Brexit in Gang zu setzen, Schätzungen zufolge auf umgerechnet etwa 595.000 Euro (500.000 Pfund) hoch.
Das britische Parlament bremst Boris Johnson aus
Das Parlament stellte sich quer und verweigerte aufgrund der immensen Ausgaben seine Zustimmung. Johnson jedoch wollte nicht aufgeben und rief die Bevölkerung im Rahmen einer Crowdfunding-Aktion zu Spenden auf.
Immerhin kamen auf der Plattform GoFundMe innerhalb eines Tages mehr als 220.000 Pfund zusammen, umgerechnet über 260.000 Euro. Unter anderem steuerte die Brexit-Kampagne "Leave Means Leave" des britischen Geschäftsmannes Arron Banks 50.000 Pfund bei.
Doch die Parlamentarier sahen das viele Geld an anderer Stelle als notwendiger an. Der Labour-Abgeordnete David Lammy bezeichnete das gewünschte Glockengeläut als "Chauvinismus" und erinnerte in einem Tweet an die immensen Kosten, die der Brexit bereits jetzt verursacht habe.
Nigel Farage spricht von einer Blamage
Wenig überraschend teilte Nigel Farage, Chef der Brexit-Partei, diese Ansicht ganz und gar nicht. Er warf der Regierung vor, sich zu blamieren. Das Königreich mache sich "weltweit zum Gespött", sagte er der britischen Nachrichtenagentur Press Association. "Grossbritannien verlässt die EU, und es kann nicht einmal eine Glocke zum Läuten bringen."
Die Lust darauf, den "historischen Moment" zu feiern, verging Farage trotzdem nicht, wie er in einem Tweet verdeutlichte:
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