Etwas mehr als 66 Millionen Menschen bevölkern derzeit das britische Königreich. Sollte der Brexit tatsächlich kommen, könnten es bald 67 Millionen sein - zumindest prophezeit Premierminister Boris Johnson für den Fall seines Wahlsiegs einen Anstieg der Geburtenzahlen.
Für die einen könnte es das verfrühte Weihnachtsgeschenk werden, für die anderen eine schaurige Bescherung: Am Donnerstag stimmen die Briten über ihr neues Parlament ab.
Die Konservativen um den amtierenden Premierminister
Sollte Johnson die Mehrheit bekommen, will er noch vor Weihnachten seinen Austritts-Deal mit der EU durchs Parlament bringen und im neuen Jahr mit den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen beginnen. Geplantes Austrittsdatum der Briten aus der Europäischen Union ist der 31. Januar 2020.
Die Briten haben die Diskussion um den Brexit satt
Johnsons Ansinnen fällt auf fruchtbaren Boden. "Sowohl unter Wählern als auch Politikern hier herrscht eine allgemeine Brexit-Müdigkeit", konstatiert Polit-Ökonom Iain Begg von der London School of Economics. "Viele wollen das Thema nur noch abhaken, egal wie."
Und wenn es erstmal abgehakt ist, bliebe den seitens ihrer politischen Führung Leid geplagten Briten mehr Zeit füreinander. "Amors Pfeile werden fliegen, wenn wir den Brexit umgesetzt haben", sieht Johnson einen Baby-Boom auf die Insel zukommen.
Seine Begründung dafür schob er im Interview mit der "Sunday Times" gleich nach: "Es gab einen Baby-Boom nach den Olympischen Spielen [in London, Anm. d. Red.], den ich in einer Rede im Jahr 2012 schon korrekt vorhergesagt habe. Es gab einen grossen Baby-Boom." Damals stand Johnson der englischen Hauptstadt London als Bürgermeister vor.
Boris Johnsons Baby-Boom ist eine Lüge
Seine Behauptung stimmt jedoch nicht. Der "Guardian" rechnete es Johnson vor: Die Zahl der Geburten ging 2013 im Vergleich zu 2012 um knapp 35.000 Babys zurück, von 812.970 auf 778.805. Auch in London selbst sank die Zahl der neuen Erdenbürger nach den Spielen von 134.186 auf 128.332.
Dennoch: "Derzeit sieht es so aus, als würde Johnson seine Mehrheit im Parlament bekommen", sagt Polit-Ökonom Begg. Die Umfrage-Werte stützen dies. Mit 43 Prozent gegenüber 33 Prozent besitzen Johnsons Konservative einen komfortablen Vorsprung auf die Arbeiter-Partei.
Labour hätte nur eine Chance, im Parlamant ihren Willen durchzusetzen: "Die Möglichkeit wäre eine Regenbogen-Koalition aus Labour, den pro-europäischen Liberaldemokraten und der Scottish National Party (SNP)", erläutert Begg.
Kompliziertes Wahlverfahren auf der britischen Insel
Das britische Wahlsystem macht Vorhersagen aber schwierig: Die Direktwahl der Abgeordneten in den Wahlkreisen sorgt dafür, dass der jeweilige Gewinner nur eine Stimme mehr benötigt als der zweitplatzierte Kandidat.
"Es ist möglich, dass ein Kandidat mit 30 Prozent der Stimmen in seinem Wahlkreis gewinnt", sagt Begg. "Es ist auch möglich, dass eine Partei mit 25 Prozent der Stimmen landesweit keinen einzigen Sitz gewinnt." (hau/AFP)
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