Nach dem Antrag auf Verlängerung der Brexit-Frist muss die britische Premierministerin noch mehr Überzeugungsarbeit leisten - in Brüssel und in London. Während sich der EU-Austritt hinzieht, geht bei den neuen Pässen alles schnell: Sie haben bereits keinen EU-Vermerk mehr.

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Die britische Premierministerin Theresa May steht unter massivem Druck, die beantragte Verlängerung der Brexit-Frist stichhaltig zu begründen.

Am kommenden Mittwoch wollen die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer bei einem Sondergipfel in Brüssel über die britische Bitte entscheiden. Auch in ihrer Konservativen Partei droht May eine Zerreissprobe.

Torys befürchten "katastrophalen Schaden"

Eine Teilnahme Grossbritanniens an der Europawahl Ende Mai könnte vielen Menschen angesichts des Brexits nicht vermittelt werden, hiess es. "Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, das wäre der Abschiedsbrief für die Konservative Partei", sagte Bildungsstaatssekretär Nadhim Zahawi in einem BBC-Interview.

Konservative warnten laut "Telegraph" auch vor einem "katastrophalen Schaden" bei den Kommunalwahlen am 2. Mai im Land.

Der britische Finanzminister Philip Hammond zeigte sich hingegen zuversichtlich, dass die Gespräche mit der Opposition über einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse Erfolg haben könnten.

Die Diskussionen mit der Labour-Partei würden weitergehen, sagte er beim Treffen der EU-Finanzminister am Samstag in Rumäniens Hauptstadt Bukarest. "Ich bin optimistisch, dass wir irgendeine Art von Übereinkunft erreichen werden." Der Ansatz der Regierung sei, ohne rote Linien und unvoreingenommen in die Gespräche zu gehen.

Dagegen zeigten sich Labour-Politiker enttäuscht vom bisherigen Verlauf der Verhandlungen mit der Regierung. "Wir wollen, dass die Gespräche weitergehen", sagte Labours Brexit-Experte Keir Starmer der BBC. Dazu müsse die Regierung aber zu Kompromissen bereit sein.

Mehr Flexibilität forderte auch die Labour-Politikerin Diane Abbott am Samstag im BBC-Interview: "Es steht ausser Frage, dass das Durcheinander, in dem wir stecken, das Durcheinander von Theresa May ist."

Bei neuen Pässen fehlt EU-Hinweis

Während sich der Streit um den Brexit zieht, geht bei den britischen Reisepässen alles ganz schnell: Trotz der Brexit-Verschiebung fehlt auf den Dokumenten bereits die Bezeichnung "Europäische Union".

Die burgunderfarbenen Pässe werden seit dem 30. März ausgegeben - einen Tag nach dem ursprünglich geplanten EU-Austritt. "Ich war überrascht - wir sind doch immer noch Mitglied der EU", sagte Susan Hindle Barone, die einen solchen Pass bekommen hatte, der Nachrichtenagentur PA.

Ende des Jahres müssen sich die Briten auf noch eine Neuerung einstellen: Dann sollen die Dokumente nicht mehr im typischen Burgunderrot der EU-Reisepässe ausgestellt werden, sondern in Blau - mit Pässen in dieser Farbe bereisten die Briten früher die Welt.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Evelyne Gebhardt, lehnt einen weiteren Brexit-Aufschub ab, wenn London nicht spätestens bis Freitag sagt, wie es weitergehen soll. "Eigentlich wollen wir keinen Brexit, und wenn, dann auf keinen Fall einen harten Brexit. Aber wir können nicht akzeptieren, dass es eine unendliche Geschichte wird", sagte die SPD-Politikerin der "Heilbronner Stimme".

Bislang ist vorgesehen, dass Grossbritannien die EU am 12. April verlässt. Um einen chaotischen Bruch mit unabsehbaren Folgen zu vermeiden, hat May in einem Schreiben an EU-Ratschef Donald Tusk um Aufschub bis zum 30. Juni gebeten.

Tusk plädiert hingegen für eine flexible Verlängerung der Austrittsfrist um bis zu zwölf Monate. Der Vorschlag ist auch als "Flextension" oder "Flexi-Brexit" bekannt.

"Egal, ob es der Termin von May oder der von Tusk ist: Keines dieser Daten ist akzeptabel, wenn nicht bis zum 12. April klargemacht werden soll, wohin die Reise geht", sagte Gebhardt. "Wenn das Parlament und die Regierung immer bei einem flauen Jein bleiben, können wir keine Verlängerung machen. Das geht nur, wenn es eine klare Ansage gibt."

May hatte sich kürzlich an die Opposition gewandt und Kompromisse bei ihrem inzwischen drei Mal vom Parlament abgelehnten Brexit-Deal angeboten. Doch eine Einigung scheint noch lange nicht in Sicht.

"Situation in London ist so verfahren"

Der EU-Experte Nicolai von Ondarza geht trotzdem davon aus, dass sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Sondergipfel am Mittwoch auf einen langen Aufschub des Brexits einigen werden.

"Die Situation in London ist so verfahren, dass eigentlich eine neue politische Situation hergestellt werden muss - über lange überparteiliche Gespräche, Neuwahlen oder ein zweites Referendum", sagte der für die Stiftung Wissenschaft und Politik tätige Politikforscher am Freitag in einem tagesschau24-Interview.

Ondarza sagte, er gehe davon aus, dass der EU-Gipfel eine Lösung finden könne. Aber Brüssel habe auch Interesse daran, den Briten zu sagen, dass es eine Verlängerung nicht umsonst gebe: "Sie müssen an den Europawahlen teilnehmen und der EU sagen, was sie erreichen wollen." (jwo/dpa)  © dpa

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