Die Börsen sacken nach dem Ja Grossbritanniens zum Brexit weltweit in den Keller: Allein der deutsche Leitindex Dax verlor zwischenzeitlich mehr als 1.000 Punkte. Der Börsenguru Dirk Müller spricht von einem "Hühnerhaufen" an den Börsen. Amerikanische Analysten rechnen zu 50 Prozent mit einer weltweiten Rezension.

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Bange Blicke, hektisches Gestikulieren, lautes Geschreie: An den Börsen rund um den Globus waren am Freitag praktisch identische Bilder zu sehen. Das Ja der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union versetzt die Märkte in Aufruhr. Der deutsche Leitindex Dax fiel nach dem Votum für den Brexit im frühen Handel um fast zehn Prozent auf 9.226,16 Punkte.

Das waren mehr als 1.000 Punkte weniger als am Donnerstag - der grösste Tagesverlust seit der Wirtschaftskrise 2008. Am Mittag stabilisierte sich der Index zwar zunächst auf 9.600 Zähler, doch die Unsicherheit bleibt. "An den Börsen findet jetzt das statt, was man als Hühnerhaufen bezeichnen kann. Hysterie, Panik, Kopflosigkeit", erklärt der Börsenguru Dirk Müller in seiner Video-Kolumne. Die bange Frage, die sich Aktionäre, Händler, Unternehmer und Politiker nun stellen: Steht uns womöglich ein grosser Börsencrash und eine neue Rezession bevor?

Dax: Neues Rekord-Minus möglich

Schon weit vor dem Börsenschluss in Frankfurt war klar, dass der 24. Juni 2016 kein Handelstag wie jeder andere sein würde. Die Verluste des Dax könnten sogar historische Ausmasse annehmen und bis zu einem neuen Minusrekord anwachsen. Nur am 16. Oktober 1989 verlor der Leitindex mit 12,8 Prozent mehr als zum Handelsbeginn am Freitag. Auch in London und Asien lagen die Kurse deutlich im Minus. Zudem verloren der Euro und das britische Pfund enorm an Wert. "Es geht heftig zur Sache an den Börsen. Heute wird es einen schwarzen Freitag geben", vermutet Dirk Müller.

Wie tief könnte es in den Keller gehen? Der als "Mr. Dax" bekannt gewordene Analyst sieht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der deutsche Leitindex in den Bereich um 8.300 oder 8.400 Punkte durchgereicht werden könnte. Aber nur, wenn "wir mit Kursen unter 9.300 oder 9.100 Punkten ins Wochenende gehen." Das bisherige Jahrestief des Dax liegt bei 8.699,29 Zählern.

"Kühlen Kopf bewahren"

Trotz der Alarmsignale warnt Müller vor Panik. Aus mehreren Gründen. Zunächst sei gar nicht klar, ob der Euro dauerhaft so schwach bleibe. Ausserdem hält er es zwar für wahrscheinlich, dass sich die starken Abgaben der Kurse am Montag fortsetzen. "Danach könnte es sich aber wieder beruhigen."

Die aktuellen Abwärtsbewegungen hängen auch mit den stark gestiegenen Kursen der letzten Tage zusammen. Nach Umfrageergebnissen aus Grossbritannien hatte die Mehrheit der Börsianer einen Brexit als unwahrscheinlich betrachtet. Die Märkte reagierten darauf positiv.

"Es ist kein Weltuntergang, es bricht nichts zusammen, es bricht nichts ein", versucht Müller zu beruhigen. Es gelte, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sinkende Kurse seien schliesslich auch "eine wunderbare Chance, die Papiere guter Unternehmen deutlich günstiger zu erwerben."

Vorbeben für den "Big Bang"?

An einen "Big Bang", einen grossen globalen Börsencrash, glaubt der Experte nicht. Aber die derzeitigen Reaktionen der Börsen auf den Brexit, sagt er, könnten "ein grosses Vorbeben sein". Schon jetzt erwarten viele Beobachter weitreichende wirtschaftliche Folgen: Pessimistische Schätzungen gehen davon aus, dass durch Kurseinbrüche, Euroabwertung sowie eine Rezession Billionen Euro vernichtet werden.

Der Star-Investor George Soros erwartet schwerwiegende Folgen für jeden EU-Bürger - "sofort und dramatisch". Preise würden steigen, Jobs verloren gehen. Der amerikanische Vermögensverwalter T. Rowe Price Group Inc. schätzt die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession nach dem Brexit laut "Bloomberg" gar auf 50 Prozent. Drastisch kommentierte auch der n-tv-Börsenexperte Frank Meyer das Geschehen.

"Der Dax hängt über der Kloschüssel. Das wird ein Blutbad heute und dürfte ein historischer Tag sein. Man fragt sich, wie geht es weiter?" Eine Antwort darauf können auch die grössten Börsenexperten nicht mit allerletzter Sicherheit geben.

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