Jetzt haben wir den Salat: Das europäische Horrorszenario ist Realität geworden. Mit einer eindeutigen Mehrheit haben die Briten beschlossen, das schlechteste für ihr Land zu wollen und für einen Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Cameron will zurücktreten, die Lautschreier freuen sich. Ein Fehltritt, der noch schlimmer ist, als alle Fehltritte von Paul Gascoigne zusammen.
Dabei darf man eines nicht vergessen: Es geht hier nicht um Grossbritannien alleine. Es ist kein rein britisches Problem. Es sind nicht nur die Alten, die den Jungen die Zukunft verbauen weil sie nur an ihre Rente denken. Die Provinzler, die nicht weiter als ins nächste Dorf denken und grundsätzlich Angst vor allem Neuen haben. Die Rechten, denen alleine schon beim Wort "Europa" die Fish and Chips im Hals stecken bleiben.
Die Wahlstatistiken und Umfragen deuten natürlich darauf hin, dass vieles davon auch zutrifft. Aber der Hauptgrund ist ein anderer, ein grundsätzlicherer: Die EU ist einfach unsexy geworden.
Wenn so viele Briten - die Wahlbeteiligung lag bei über 70 Prozent - für einen Ausstieg stimmen, dann liegt das nicht an dummen Inselbewohnern - das ist eine Botschaft: Die Europäische Union in seiner jetzigen Form ist kein Völkerbund mehr, mit dem sich die Menschen identifizieren können.
Bei Umfragen in anderen Mitgliedsstaaten sieht die ablehnende Haltung nicht viel anders aus. Mittendrin Deutschland: Laut einer Umfrage haben hier 48 Prozent eine negative Haltung zur EU.
Wenn Brüssel diese Zeichen nicht erkennt, werden dem britischen Beispiel früher oder später noch viele folgen. Dann wird die EU zur Transfergesellschaft, von der man viel bekommen will, aber wenig bereit ist zu geben.
Die EU ist wichtig, nicht nur aus volkswirtschaftlicher Sicht. Sie ist auch wichtig für unsere Sicherheit und für den wissenschaftlichen Fortschritt. Aber es muss alles dafür getan werden, dass die Union nicht mehr als Oberlehrer wahrgenommen wird, der alles besser weiss, nur Vorschriften macht und nie belohnt.
Brüssel muss den Europäischen Gedanken wieder finden, mit Leben füllen und den Menschen ein Gefühl von Gemeinsamkeit geben. Gelingt dies nicht, wird der Brexit das Ende einer grossartigen Idee einleiten.
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