Donald Tusk ist von den radikalen Brexit-Befürwortern genervt. Bei einer Pressekonferenz hat der EU-Ratspräsident das nun deutlich zum Ausdruck gebracht und die unentschlossenen "Brexiters" mit ungewohnt scharfen Worten kritisiert. In Grossbritannien ist man empört. Eine britische Ministerin fordert eine Entschuldigung - und Ex-Ukip-Chef Nigel Farage sieht sich auf ganzer Linie bestätigt.
Genervt vom nicht enden wollenden Brexit-Drama hat EU-Ratspräsident Donald Tusk die unklaren Vorstellungen der Austrittsbefürworter mit deutlichen Worten kritisiert.
"Ich frage mich, wie dieser besondere Platz in der Hölle für die Brexit-Verfechter aussieht, die noch nicht einmal in Umrissen einen Plan haben", sagte Tusk am Mittwoch nach einem Treffen mit dem irischen Regierungschef Leo Varadkar in Brüssel.
"Sie werden Dir dafür in der britischen Presse schreckliche Probleme bereiten", sagte Varadkar zu der Höllen-Äusserung nach Ende der Pressekonferenz an Tusk gewandt.
Mancher britische Beobachter nahm es mit Humor: "Dieser besondere Platz in der Hölle - ist der innerhalb oder ausserhalb der Zollunion?", schrieb Robert Shrimsley von der "Financial Times" im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Brexit: Ministerin fordert Entschuldigung von Tusk
Nicht so Andrea Leadsom, die für Parlamentsfragen zuständige britische Ministerin. Donald Tusk Bemerkung zu den Brexiters sei "schändlich" und "boshaft", sagte sie im BBC-Radio. "Ich bin mir sicher, dass er sich wohl wünschen wird, er hätte es nicht getan, wenn er darüber nachdenkt."
Leadsom, selbst glühende Brexit-Anhängerin, forderte eine Entschuldigung vom EU-Ratspräsident.
Nigel Farage, früherer Chef der EU-feindlichen Partei Ukip, sieht sich in seinem Urteil über die EU und ihren Vertretern durch Tusks Aussage bestätigt.
"Nach dem Brexit werden wir frei sein von ungewählten, arroganten Tyrannen wie Ihnen und werden unser Land selber lenken. Klingt mir eher nach Himmel", schrieb er auf Twitter:
Premierministerin
Tusk: Frieden in Irland bleibt oberste Priorität
May wird an diesem Donnerstag zu erneuten Gesprächen nach Brüssel reisen und dort unter anderem mit Donald Tusk zusammentreffen.
Neben dem umstrittenen Kommentar sagte der EU-Ratspräsident am Mittwoch auch, dass es nun oberste Pflicht sei, einen ungeregelten EU-Austritt Grossbritanniens zu verhindern.
Er glaube immer noch, dass eine gemeinsame Lösung möglich sei, so Tusk. "Und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, sie zu finden." Neue Angebote werde die EU aber nicht machen. Der im britischen Parlament Mitte Januar abgelehnte Austrittsvertrag werde nicht für Neuverhandlungen geöffnet.
Für die EU blieben die irische Grenzfrage und der Friedensprozess in Irland oberste Priorität, fügte er bei dem gemeinsamen Auftritt mit dem irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar hinzu. Deshalb bestehe man auf der Garantie einer offenen Grenze, den sogenannten Backstop. "Es gibt hier keinen Spielraum für Spekulationen", betonte Tusk. "Die EU selbst ist in allererster Linie ein Friedensprojekt. Wir werden den Frieden nicht aufs Spiel setzen oder die Versöhnung einem Verfallsdatum unterwerfen."
An Grossbritannien appellierte er: "Gebt uns eine glaubhafte Garantie für Frieden in Nordirland und Grossbritannien wird die EU als vertrauenswürdiger Freund verlassen." Er hoffe auf Ideen nach dieser Massgabe, für die es aber eine stabile Mehrheit im Unterhaus geben müsse. (jwo/dpa/AFP)
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