Die Zeit läuft ihnen davon. Die britische Premierministerin Theresa May und Labour-Chef Jeremy Corbyn stehen in der Brexit-Debatte ohnehin schon unter Druck. Doch der erhöht sich nun noch einmal.

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May bleiben nach der neuen Abstimmungsrunde im Londoner Parlament nur knapp zwei Wochen, um doch noch eine Mehrheit für den EU-Austrittsvertrag zusammenzubekommen.

May entging bei der Abstimmung über die nächsten Brexit-Schritte am Mittwochabend einer Revolte der No-Deal-Gegner.

Sie hatte bereits am Tag zuvor weitgehende Zugeständnisse gemacht: Sollte sie mit ihrem Abkommen im Unterhaus erneut scheitern, könnte das Parlament den Austritt verschieben, um ein ungeregeltes Ausscheiden aus der Europäischen Union zu verhindern.

Mehrheit spricht sich für Verschiebung aus

Diesen Plan bekräftigten die Abgeordneten mit überwältigender Mehrheit von 502 zu 20 Stimmen. Einen Denkzettel bekam May dabei von den Brexit-Hardlinern in ihrer Partei.

Die enthielten sich zu grossen Teilen, auch die Gegenstimmen kamen nach Medienberichten von Brexiteers aus der konservativen Fraktion. Den Befürwortern eines klaren Bruchs mit Brüssel macht die Aussicht auf eine Verschiebung des EU-Austritts offenbar Bauchschmerzen.

Das könnte der Premierministerin in die Hände spielen. Denn genau diese Gruppe muss May von ihrem Abkommen überzeugen, wenn sie noch eine Chance haben will, damit durch das Parlament zu kommen.

Es gibt zumindest vereinzelt Anzeichen, dass sie damit Erfolg haben könnte. Der einflussreiche Brexit-Befürworter und Konservativen-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg hatte in dieser Woche die Forderung nach einer Änderung des Brexit-Vertrags abgeschwächt. Ein Zusatz würde auch ausreichen, zitierte die "Financial Times" den Tory-Politiker.

Am Mittwoch hatte sich May in einem Gastbeitrag in der "Daily Mail" optimistisch gezeigt, dass Brüssel ihr beim Abkommen doch noch entgegenkommen wird. Sie stehe kurz davor, Zugeständnisse seitens der EU zu erhalten, so May.

May sucht immer noch nach einem Ausweg

Der Fokus des Unterhauses müsse nun darauf liegen, einen Deal zum EU-Austritt zustande zu bekommen und die Europäische Union am 29. März zu verlassen.

Mays Hoffnungen dürften auf Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox ruhen, der in Gesprächen mit der EU nach einem Ausweg sucht, um die Bedenken im Parlament gegen das Austrittsabkommen auszuräumen.

Für Unruhe bei den Brexit-Hardlinern dürfte auch die Hinwendung der Labour-Opposition zu einem zweiten Referendum sorgen. Die Pläne von Labour-Chef Corbyn für einen weicheren Brexit lehnten die Abgeordneten am Mittwoch sehr deutlich ab.

Er steht nun unter Druck, sich jetzt für eine zweite Volksabstimmung einzusetzen. Das hatte Corbyn am Montag in Aussicht gestellt, sollte die Regierung nicht auf seine Pläne für eine engere Bindung an die EU samt Zollunion umschwenken.

Corbyn teilte nach der Abstimmung mit, dass Labour ein zweites Referendum unterstützen werde. Zugleich betonte der Alt-Linke aber, dass seine Partei auch andere Möglichkeiten weiterverfolgen werde. Dazu gehörten die eigenen Brexit-Pläne oder auch eine Neuwahl.

Die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, sprach sich dafür aus, Grossbritannien noch mehr Zeit zu gewähren. Einen "Blanko-Scheck", der das Brexit-Chaos nur verlängere, dürfe es aber nicht geben.

"Grundbedingung für eine Verlängerungen muss daher die Klarheit der Briten sein, für was und wie die zusätzliche Zeit genutzt werden soll." (dpa/mwo)

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