Ein echter "Plan B" oder viel Lärm um relativ wenig? Mit Spannung wird die Erklärung der britischen Premierministerin im Parlament für den weiteren Brexit-Fahrplan erwartet. Doch Beobachter sind skeptisch. Sie vermuten, dass May auf Zeit spielt. Unterdessen machte eine neue Bewegung aus bekehrten Ex-Brexit-Befürwortern mobil.

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Nach dem Scheitern ihres Brexit-Abkommens im britischen Parlament legt Premierministerin Theresa May am Montag eine Erklärung über den weiteren Fahrplan zum EU-Austritt vor.

Dass sie dabei einen konkreten Plan präsentiert, ist jedoch nicht gesichert. Als wahrscheinlicher gilt in London, dass die konservative Regierungschefin einen Fahrplan zur Konsensfindung im Parlament vorlegt.

Das mit der EU ausgehandelte Abkommen wurde vergangene Woche im Unterhaus mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Einem folgenden Misstrauensvotum hielt die Premierministerin jedoch stand. May führte daraufhin Gespräche mit den Oppositionsparteien und Rebellen im eigenen Lager.

Spielt May auf Zeit?

Es gibt allerdings Zweifel, ob es die Regierungschefin mit der Suche nach einem Konsens wirklich ernst meint. Beobachter halten für möglich, dass May auf Zeit spielt und hofft, doch noch genügend Abgeordnete für ihren Deal zu gewinnen, wenn der 29. März näher rückt - das Datum für den geplanten Austritt aus der Europäischen Union.

Ansonsten droht ein ungeregelter Austritt mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und andere Lebensbereiche. Eine Mehrheit der Abgeordneten will ein solches Szenario, einen "No Deal"-Brexit, verhindern.

Und das Chaos in London lässt in Deutschland gar die Hoffnung auf einen Exit vom Brexit aufkeimen: Erst vergangenen Freitag hatten deutsche Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit einem leidenschaftlichen Leserbrief in der Londoner "Times" die Briten zum Verbleib in der EU aufgerufen.

Fest steht momentan aber nur: Am 29. Januar wird das Unterhaus über Mays Vorschlag debattieren und abstimmen.

Die Abgeordneten haben dabei die Möglichkeit, die Beschlussvorlage abzuändern. Ein grosser Teil der Opposition wünscht sich eine engere Anbindung an die EU als bisher vorgesehen. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Zollunion und möglicherweise auch im Binnenmarkt dürfte daher auf den Tisch kommen.

Forderungen nach Nachverhandlungen mit Brüssel über die als Backstop bekannte Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland dürften ebenfalls aufkommen.

Maas reagiert zurückhaltend auf Berichte über Zusatzabkommen

Bundesaussenminister Heiko Maas reagierte zurückhaltend auf Berichte, dass die britische Regierung den Abschluss eines eigenen Vertrags mit dem EU-Mitglied Irland erwägt, um harte Kontrollen an der Grenze zur britischen Provinz Nordirland zu vermeiden.

Wie das funktionieren soll, sei ihm nicht klar, sagte Maas im ZDF. "Mir ist etwas schleierhaft, was die britische Regierung mit Dublin verhandeln will, oder was für ein Zusatzabkommen das sein soll."

Der "Bild"-Zeitung (kostenpflichtiger Inhalt) sagte Maas: "Was wir jetzt brauchen, sind konkrete Vorschläge der Briten." Deutschland sei auf alle Szenarien vorbereitet, "einschliesslich einer Notfallplanung".

Der Luxemburger Aussenminister Jean Asselborn riet dazu, sich nun vor allem auf einen Verbleib des Königreichs in der Zollunion zu konzentrieren.

Wenn dies nicht gelinge und der Brexit am 29. März chaotisch und ohne jedes Abkommen vonstattengehe, werde dies in einer "Katastrophe" münden, sagte er in der ARD-Sendung "Anne Will". Ein solches "No Deal"-Szenario könne Zehntausende Jobs kosten.

Die 1968 gegründete Zollunion bedeutet, dass der Staatenverbund einheitlich Zollabgaben auf Einfuhren von ausserhalb der EU erhebt. Diese Abgaben werden grundsätzlich dort bezahlt, wo die Waren zuerst ankommen. Danach erfolgen keine weiteren Zahlungen oder Kontrollen.

"RemainerNow" machen mobil für ein zweites Referendum

Unterdessen hat sich Grünen-Chef Robert Habeck für eine zweite Volksabstimmung in Grossbritannien über den EU-Austritt ausgesprochen.

Das Brexit-Referendum 2016 habe "unter Vorspiegelung falscher Tatsachen" stattgefunden, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Den Menschen sei eingeredet worden, der Ausstieg sei ganz einfach und es gebe kein Risiko.

"Es wäre also durchaus nachvollziehbar, wenn Menschen nun im Wissen um die realen Folgen eines Brexit ihre Meinung ändern würden - und jetzt in der EU bleiben wollen."

Einige dieser Menschen haben sich in einer Gruppierung zusammengefunden - die nun für eine erneute Volksbefragung mobil macht.

Ehemalige Brexit-Befürworter haben angesichts des Chaos um den EU-Austritt das Lager gewechselt und wollen mit der Initiative "RemainerNow" (Etwa: "Jetzt Brexit-Gegner") das Ergebnis des Volksentscheids vom Juni 2016 durch ein zweites Referendum revidieren.

Im Sperrfeuer der Brexit-Befürworter

"Mein Abgeordneter war für den Austritt, alle Argumente, die ich hörte, waren gegen den Verbleib in der EU", sagte Gary Maylin, ein "RemainerNow", der AFP.

Heute sieht er das anders. Er erinnert sich, dass er in seiner Entscheidung damals durch ein wahres Brexit-Sperrfeuer beeinflusst wurde. Deshalb fuhr er vor einigen Tagen mit anderen vom Brexit abgekommenen Menschen zum Parlament in London, um dort Parlamentarier mit ihren Positionen zu konfrontieren.

Doch die Chancen auf ein erneutes Referendum stehen schlecht. May lehnt ein solches beharrlich ab. Dabei zeigen jüngste Meinungsumfragen, dass ein zweiter Volksentscheid eine Mehrheit für den EU-Verbleib ergeben würde. Überzeugte Brexit-Anhänger bestreiten das jedoch. (szu/dpa/afp)

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