Der Schock über die Brexit-Entscheidung Grossbritanniens sitzt in Europa noch tief. Der Austritt aus der EU hat nicht nur historische Dimensionen, er wird auch sowohl für Grossbritannien als auch Kontinentaleuropa gravierende Folgen haben. Aus diesem Grund sorgt nun eine Google-Suchanfrage für Verwirrung.

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Die Briten haben's tatsächlich getan: Bye, Bye Europa! Grossbritannien stimmt für den Brexit und schockt die Europäische Union mit seiner historischen Ablehnungshaltung an der Urne.

Die EU-Gegner, davon möchte man ausgehen, sollten sich darüber im Klaren gewesen sein, was sie mit ihrem Votum zugunsten eines Brexit bewirken würden. Mal ein bisschen ausprobieren, wie das so ist, ohne EU, war nicht angedacht. Die Entscheidung des Referendums würde unumkehrbar sein.

Kannten die Brexit-Befürworter alle Folgen?

Zuletzt hatte das Elmar Brok von der CDU noch einmal ausdrücklich betont. Man werde die Entscheidung der Briten zwar "ernst nehmen", hatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament erklärt, doch warnend ergänzt: "Wenn sie raus sind, sind sie raus."

Nun sind sie raus und die Folgen des Brexit werden sowohl für Grossbritannien als auch Kontinentaleuropa aller Voraussicht nach gravierend sein. Aber waren sich die Brexit-Gegner dieser Folgen denn nun auch wirklich vollauf bewusst?

Waren sie von ihrer Entscheidung gegen ein europäisches Miteinander absolut überzeugt?

Aufgrund einer auf den ersten Blick kuriosen Suchanfrage von Google wird genau das nun in den sozialen Netzwerken angezweifelt. Worum geht es?

Die Suchmaschine Google hat die Möglichkeit, für eine ganz bestimmte Region das Such-Interesse für eine ganz bestimmte Fragestellung zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt darzustellen. Google Trends nennt sich das.

Entlarvt Google die Dummheit der Brexit-Wähler? Nein!

Und eben dieses Google Trends soll am Donnerstagabend für Grossbritannien ein massives Such-Interesse für die Frage ausgewiesen haben: "Was passiert, wenn wir die EU verlassen?"

Eine absolut berechtigte Frage - allerdings eine, die man für sich selbst beantwortet haben sollte, bevor man sich für oder gegen das Verlassen der EU entscheidet.

Doch, so wird nun im Internet gespottet, sei der höchste Suchanstieg von Google zu dieser Frage etwa zwei Stunden nach(!) Schliessung der Wahllokale gemessen worden. Damit wird unterstellt, vor allem die Brexit-Befürworter hätten nach dem Wildwest-Motto "Erst schiessen, dann fragen" über die Zukunft Europas abgestimmt. Aber stimmt das?

Wenn man genau hinsieht, wird in dem ursprünglichen Screenshot für die Suchanfrage die Zeitzone GMT-7 ausgewiesen, die Suchanfrage wurde also nicht im Vereinigten Königreich, sondern in Übersee, möglicherweise in den Vereinigten Staaten gestellt.

Zeitzone zerstört die vermeintliche Pointe

Dadurch entsteht der Eindruck, man habe sich für die Folgen eines Brexit in Grossbritannien tatsächlich erst zwei Stunden nach Ende der Abstimmung interessiert. Doch das ist falsch. Zum einen ist diese Google-Suche aufgrund des beschränkten Volumens natürlich keinesfalls repräsentativ. Zum anderen gibt es Probleme mit dem Zeitpunkt.

Folgt man dem richtigen Zeitstempel für London (GMT+1), dann stimmt es zwar, dass das Interesse für die Frage "Was passiert, wenn wir die EU verlassen?" massiv ansteigt. Allerdings erst in der Nacht und den frühen Morgenstunden, nachdem sich das Blatt beim Referendum zugunsten der Brexit-Befürworter gewendet hatte.

Zweifellos dürfte auch hier der eine oder andere entsetzte EU-Befürworter und Brexit-Gegner noch mal nachgeschaut haben, was dieses Ergebnis denn nun, nachdem der Worst Case eingetreten war, tatsächlich nach aktuellen Aussagen der Experten und Politiker bedeuten könnte.

Die Entscheidung der Brexit-Befürworter muss man daher nicht mittragen, aber die virale Internet-Geschichte zur Google-Suchanfrage kann die Pointe nicht halten, die sie verspricht. Zur Verhöhnung der Brexit-Wähler taugt sie nicht.

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