Die EU ist mittelmässig beeindruckt von Boris Johnsons Vorschlägen als Ersatz für den Backstop. Es blieben mehrere Fragen offen, mehr Arbeit sei nötig. Der britische Premier schiebt einmal mehr der Europäischen Union alle Verantwortung zu.
Die EU-Kommission fordert Klarstellungen zum neuen Brexit-Vorschlag des britischen Premierministers
Die EU sei bereit, konstruktiv mit der britischen Seite zusammenzuarbeiten, um einen geordneten britischen EU-Austritt zu bewerkstelligen. Nun zähle aber jeder Tag. Der EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober, bei dem der Brexit im Mittelpunkt stehen könnte, müsse rechtzeitig und gründlich vorbereitet werden.
Backstop-Alternative für Irland unzureichend
EU-Kommissionschef
Irland ist vom Brexit-Streit besonders betroffen. Um den Frieden auf der Insel nicht zu gefährden, will die EU Kontrollen an der Grenze zum britischen Nordirland unbedingt vermeiden. Den dazu im Austrittsvertrag vereinbarten "Backstop" will Johnson aber streichen. Aus irischer Sicht erfüllt der neue Vorschlag nicht alle Ziele des Backstops.
Johnson: "Haben grosse Flexibilität gezeigt"
Der britische Premierminister rief Brüssel indes erneut zu Entgegenkommen im Streit um das EU-Austrittsabkommen auf. "Wir haben grosse Flexibilität gezeigt", sagte Johnson am Donnerstag im Parlament in London zu seinen neuen Brexit-Vorschlägen.
Nun sei es an der EU, Zugeständnisse zu machen. Sollten die Europäer keinen "entsprechenden Willen" zeigen, bleibe Grossbritannien nichts anderes übrig, als am 31. Oktober ohne Abkommen auszuscheiden.
Oppositionschef Jeremy Corbyn warnte hingegen, die Pläne der Regierung gefährdeten das Karfreitags-Friedensabkommen von 1998, das den jahrzehntelangen blutigen Konflikt in Nordirland beendete.
Die Pläne seien nicht "machbar". Es handele sich nicht um ein "seriöses" Angebot an die EU. Auch der Fraktionschef der proeuropäischen SNP, Ian Blackford, nannte die Vorschläge weder "akzeptabel" noch "realisierbar". Er forderte Johnson auf, den Brexit zu verschieben oder zurückzutreten.
Johnson will Backstop streichen
Johnson will mit den Vorschlägen erreichen, dass die als Backstop bezeichnete Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland aus dem EU-Austrittsabkommen gestrichen wird.
Der Backstop sollte dafür sorgen, dass an der inneririschen Grenze keine Waren- und Zollkontrollen notwendig sind. Diese gelten als politisch heikel in der ehemaligen Bürgerkriegsregion. Johnson will als Ersatz eine komplizierte Regelung, die Zollkontrollen erforderlich machen würde, wenn auch nicht direkt an der Grenze.
Johnson schlägt auch vor, dass in Nordirland weiter EU-Standards für Agrarprodukte und andere Waren gelten. Das ist der EU wichtig, um ihren Binnenmarkt zu schützen. Allerdings will Johnson die Entscheidung, wie lange das gilt, in die Hand des nordirischen Regionalparlaments legen. Die Volksvertreter sollen alle vier Jahre entscheiden, ob es dabei bleibt. In Brüssel wurden die Vorschläge mit Skepsis aufgenommen. (dpa/ank)
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