• Zwischen Grossbritannien und der Europäischen gibt es neuen Ärger.
  • Diesmal geht um die Kontrolle von britischen Fleischexporten nach Nordirland.
  • London und Brüssel machen sich gegenseitig Vorwürfe, dass es bei der Umsetzung der im Brexit-Vertrag vereinbarten Sonderregeln hakt.

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Für die Briten geht es offensichtlich um die Wurst. Ende des Monats läuft eine Übergangsphase aus, während der Exporte von britischem Fleisch nach Nordirland nicht kontrolliert werden. Diesen Vertrag hat Grossbritannien selbst unterzeichnet – sieht plötzlich aber neuen Spielraum.

Trotz vollzogenem Brexit droht damit neuer Ärger zwischen London und Brüssel, britische Boulevardmedien schreiben bereits von einem "sausage war", von einem "Würstchenkrieg". Sie und britische Regierungspolitiker befürchten Versorgungslücken in nordirischen Supermärkten, wenn der neuerliche Brexit-Streit zwischen Grossbritannien und der Europäischen Union nicht gelöst wird.

Warum gehts es in dem Streit? Und wie realistisch ist es, dass es bald in Belfast oder Derry tatsächlich keine tiefgefrorenen Hähnchen-Nuggets, abgepacktes Hackfleisch oder gekühlte Rohwürste mehr zu kaufen gibt?

Brexit-Minister fordert von EU "gesunden Menschenverstand"

Völlig ausgeschlossen ist das nicht, gab es doch in der Vergangenheit tatsächlich schon Lieferengpässe. Die wollen allerdings beide Seiten unbedingt vermeiden, neue Beratungen über die Ausgestaltung der Brexit-Regelungen für Nordirland brachten am Mittwoch keinen Durchbruch in Sicht. Der britische Brexit-Minister David Frost, der sich mit EU-Kommissar Maros Sefcovic in London traf, warf Brüssel vor, einen "extremen und puristischen" Ansatz bei der Umsetzung zu verfolgen.

Die britische Provinz Nordirland folgt dem Abkommen über den EU-Austritt Grossbritanniens zufolge weiterhin den Regeln des EU-Binnenmarkts. Damit soll eine Warengrenze zum EU-Mitglied Republik Irland verhindert werden. Notwendig werden dadurch allerdings Kontrollen zwischen den anderen Teilen des Vereinigten Königreichs und Nordirland, die für Schwierigkeiten im Handel sorgen. Beide Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

De facto entstand eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs. Lieferprobleme und leere Regale in Nordirland waren die Folge. Es kam zu Ausschreitungen meist protestantischer Anhänger der Union mit Grossbritannien.

London hatte teilweise Kontrollen eigenhändig ausgesetzt, Brüssel daraufhin Klage eingereicht. Die Europäische Union wirft Grossbritannien vor, vertragliche Vereinbarungen nicht einzuhalten. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schrieb am Dienstagabend auf Twitter, sie habe in einem Telefonat mit Premier Boris Johnson ihre "tiefe Sorge" über die Umsetzung der Brexit-Verträge ausgedrückt. Darüber werde sie mit Johnson auch am Rande des G7-Gipfels am Wochenende sprechen.

Harte Grenze zu Irland soll vermieden werden

In einem Interview mit der BBC erklärte Frost am Mittwoch, die britische Regierung erwäge auch weiterhin "alle Optionen", um weitere Probleme für den innerbritischen Handel zu verhindern. Die EU rief er erneut zu "pragmatischen Lösungen" auf, um die Regelungen des sogenannten Nordirland-Protokolls umzusetzen.

Mit dieser Vereinbarung soll eine "harte" Grenze zum EU-Mitglied Irland vermieden werden, um nicht neue Spannungen in der ehemaligen Bürgerkriegsregion zu provozieren. Die Regierung in London will ein Aufflammen des Konflikts verhindern und schliesst deshalb weitere einseitige Aktionen nicht aus.

So steht im Raum, dass Grossbritannien die am 30. Juni endende Übergangsphase verlängert, in der Kontrollen von Fleischprodukten wie Würstchen und Hühnerschlegeln aus Grossbritannien ausgesetzt sind.

Grossbritannien hatte das Brexit-Protokoll selbst ausgehandelt

"Britische Unternehmen entscheiden sich aufgrund des lästigen Papierkrams dafür, ihre Waren nicht nach Nordirland zu verkaufen, Arzneimittelhersteller drohen, lebenswichtige Vorräte zu kürzen, und gekühltes Fleisch britischer Landwirte, das für den nordirischen Markt bestimmt ist, läuft Gefahr, ganz verboten zu werden", sagte Frost. Weitere Drohungen der EU würden das Leben der Nordiren schwieriger machen.

Kommissionsvizepräsident Sefcovic betonte hingegen, die EU werde "schnell, energisch und entschlossen" handeln, falls Grossbritannien seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Fakt ist: Grossbritannien hatte das Brexit-Protokoll ausgehandelt und unterzeichnet. Johnson liess nach seinem Telefonat mit von der Leyen am Dienstag erklären, Grossbritannien strebe praktische Lösungen an, um den Friedensprozess in Nordirland zu schützen und Auswirkungen auf das Leben der Menschen in Nordirland zu minimieren. Wichtig sei rascher Fortschritt.

Grossbritannien war nach dem Brexit im vergangenen Jahr zum 1. Januar auch aus dem EU-Binnenmarkt und der europäischen Zollunion ausgetreten. Ein als Ersatz geschlossenes Handelsabkommen trat am 1. Mai endgültig in Kraft. Es sieht im beiderseitigen Handel bei nachweislich in Grossbritannien hergestellten Waren einen Verzicht auf jegliche Zölle und mengenmässige Beschränkungen vor.

Das EU-Parlament hatte die Ratifizierung des Handelsabkommens zuvor wegen eines Streits um Zollkontrollen in Nordirland lange hinausgezögert. Die EU wirft Grossbritannien vor, gegen das Brexit-Abkommen zu verstossen, das offene Grenzen zwischen der britischen Provinz und dem EU-Mitglied Irland garantieren soll. (dpa/afp/mf)

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