In Grossbritannien steht am Montag das nächste Kapitel im grossen Brexit-Drama an: Nach einem Besuch in Irland wird Boris Johnson im Parlament erwartet. Dort will der Premier über Neuwahlen abstimmen lassen, sonst müsste er sehr wahrscheinlich – gezwungen vom Parlament – in Brüssel erneut um eine Fristverlängerung bitten. Dort sähe man einer Verlängerung positiv entgegen.
Es ist der Satz, der
Sollte bis zum 19. Oktober kein Abkommen ratifiziert sein, müsste Johnson in Brüssel um eine Verlängerung der Frist bitten – ein Schritt, dem das Europäische Parlament durchaus positiv gestimmt wäre.
Europaparlament steht erneuter Brexit-Verschiebung offen gegenüber
Wie das Magazin "Der Spiegel" berichtet, würde das Parlament "eine Verlängerung des Artikel 50 nicht ablehnen". Bedingung dafür sei, "dass die Gründe klar und glaubhaft" seien. Zudem dürfe die Funktion der EU-Institutionen nicht negativ betroffen sein. Das gehe aus dem Entwurf einer Resolution hervor, welche das Parlament noch in dieser Woche verabschieden wolle.
Eine Verlängerung der Brexit-Frist ist demnach laut Ansicht der EU-Parlamentarier auch dann unvermeidlich, wenn sich die Unterhändler von Briten und der EU doch noch kurzfristig vor dem aktuellen Austrittsdatum am 31. Oktober auf ein Austrittsabkommen einigen würden.
Im Falle eines solchen Last-Minute-Deals drohe dem Europaparlament die Zeit zu fehlen, "darüber zu entscheiden, ob es seine Zustimmung gibt oder nicht". Das Europaparlament muss dem Austrittsabkommen zwischen der EU und Grossbritannien zustimmen.
Frankreichs Aussenminister gegen erneuten Brexit-Aufschub
Im Gegensatz zum Europaparlament hält Frankreichs Aussenminister Jean-Yves Le Drian nicht viel von einer erneuten Verschiebung des Brexit. In einem Interview des Senders CNEWS sagte er am Sonntag, man werde nicht alle drei Monate erneut anfangen, eine Verschiebung des Austritts Grossbritanniens aus der EU zu diskutieren. Die Briten hätten Alternativlösungen angekündigt. "Wir haben sie nicht gesehen", sagte Le Drian und griff damit Premier Johnson an, der in der Parlamentsdebatte in der vergangenen Woche immer wieder betonte, weiter mit der EU zu verhandeln.
Johnsons Gegner im britischen Parlament warfen ihm in der vergangenen Woche vor, nicht ernsthaft einen Deal verhandeln, sondern durch Verzögerungen einen harten Brexit ohne Abkommen erzwingen zu wollen. Deswegen wurde ein Gesetz verabschiedet, welches die Regierung im Notfall zu einer Brexit-Verlängerung zwingen soll.
Johnson könnte Gesetz einfach ignorieren
Doch ob sich Johnson daran halten wird, steht anscheinend noch nicht fest: Spekuliert wird, die Regierung könne mangels Alternativen versuchen, das Gesetz zu ignorieren. Aussenminister Dominic Raab sprach in einem Interview mit dem Sender Sky News von einem "miserablen Gesetz", das Johnson sehr genau überprüfen werde.
Der Premierminister sagte Reportern bereits am Freitag, das Gesetz sehe nur "theoretisch" eine Brexit-Verschiebung vor – und schreckte damit seine Kritiker auf. Experten warnten, Johnson könnte im Extremfall im Gefängnis landen, sollte er sich über das Gesetz stellen.
Laut "Spiegel" beschäftigen sich derzeit auch EU-Beamte mit der Frage, was man tun könne, wenn das britische Gesetz eine Verlängerung vorschreibe, der Premier aber nicht darum bitte. Klar ist derzeit nur, dass im Falle einer Verlängerung die 27 verbleibenden EU-Staaten einem Antrag Grossbritanniens auf Fristverlängerung einstimmig zustimmen müssten.
Johnson schickt Parlament in Zwangspause
Unterdessen wurde bekannt, das Johnson das Parlament schon am Montagabend in eine fünfwöchige Zwangspause schickt: Nach der Abstimmung über eine Neuwahl wird die Pause beginnen, wie ein Regierungssprecher mitteilte.
Damit wird das britische Parlament erst am 14. Oktober wieder zusammentreten - rund zwei Wochen vor dem geplanten Austrittstermin.
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