Theresa Mays Getreue scharen sich beim Parteitag der britischen Konservativen um die Premierministerin und ihre Brexit-Pläne. Ausgeteilt wird gegen Mays Rivalen Boris Johnson und Brüssel. Manch deutschem und europäischem Politikern geht die EU-Schelte zu weit.

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Der britische Ex-Aussenminister Boris Johnson hat auf dem Tory-Parteitag in Birmingham Kritik von Parteifreunden für seine Angriffe auf Premierministerin Theresa May einstecken müssen. Sein Nachfolger auf dem Posten des Aussenamtschefs, Jeremy Hunt, zog mit einem Vergleich zwischen der EU und der Sowjetunion den Zorn von Politikern aus Berlin und Brüssel auf sich.

Grossbritannien will in sechs Monaten die Staatengemeinschaft verlassen. Die Verhandlungen zwischen Brüssel und London stecken aber in einer Sackgasse. Sollten sie nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, drohen wirtschaftliches Chaos und erhebliche Folgen für alle Lebensbereiche.

Boris Johnson nannte Brexit-Pläne "lächerlich"

Ungewohnt deutlich teilte Finanzminister Philip Hammond am Montag gegen Johnson und dessen Kritik an den Brexit-Plänen der Regierungschefin aus. Der ehemalige Aussenminister habe keinen Sinn für Details, wenn es um wichtige Angelegenheiten wie den EU-Austritt gehe, sagte Hammond der Boulevardzeitung "Daily Mail".

Die Chancen, dass Johnson May auf dem Posten des Regierungschefs ablösen könnte, schätzt Hammond als gering ein. "Ich erwarte nicht, dass es passiert."

Das Bedeutendste, was Johnson in seiner politischen Karriere erreicht habe, sei gewesen, die "Boris Bike" genannten Leih-Fahrräder in seiner Zeit als Londoner Bürgermeister auf die Strassen der britischen Hauptstadt zu bringen.

Johnson hatte Mays Brexit-Pläne als Ergebnis "geistiger Verwirrung" und "lächerlich" bezeichnet. Er und andere Brexit-Hardliner fordern einen klaren Bruch mit Brüssel. Am Dienstag wird Johnson eine mit Spannung erwartete Rede vor den Konservativen halten.

Jeremy Hunt mit abschätzigem Vergleich

Johnson ist bekannt für seine markigen Worte. Doch er war nicht der einzige, der wegen abfälliger Äusserungen in der Kritik stand. Sein Nachfolger im Amt des Aussenministers, Jeremy Hunt, hatte mit einem abschätzigen Vergleich zwischen der EU und der ehemaligen Sowjetunion deutsche und europäische Politiker verärgert.

Die EU müsse aus der Geschichte der Sowjetunion lernen, hatte Hunt am Sonntagabend bei seiner Parteitagsrede gesagt. "Wenn Sie die EU in ein Gefängnis verwandeln, wird der Wunsch, da rauszukommen, nicht schwinden, sondern wachsen."

Der CDU-Aussenpolitiker Norbert Röttgen sprach am Montag in London von einem "unangemessenen Ton". Auch in Brüssel stiessen Hunts Äusserungen auf Kritik. "Ich würde respektvoll sagen, dass wir alle davon profitieren würden - und insbesondere die Aussenminister - von Zeit zu Zeit ein Geschichtsbuch zu öffnen", sagte Margaritis Schinas, der Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

"Sorry, Jeremy Hunt, die EU ist kein Gefängnis", twitterte der deutsche Europastaatsminister Michael Roth (SPD).

Kompliziertes System mit Absprachen

Röttgen warf aber auch Brüssel Defizite bei den Brexit-Gesprächen vor. "Bei der EU liegt die Schwäche darin, nicht souverän zu Kompromissen bereit zu sein", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag vor Journalisten.

Auch Finanzminister Hammond forderte die EU auf, sich bei den Brexit-Gesprächen auf die Vorschläge aus London einzulassen. EU-Ratspräsident Donald Tusk liege falsch mit seinem Urteil, die Pläne würden nicht funktionieren, sagte Hammond. "Das ist, was die Leute 1878 über die Glühbirne gesagt haben."

May will eine Freihandelszone mit der Europäischen Union für Waren, aber nicht für Dienstleistungen wie Bankgeschäfte. Dafür soll sich Grossbritannien eng an Produktstandards und andere Regeln des EU-Binnenmarkts halten.

Zollkontrollen am Ärmelkanal und zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland sollen durch ein kompliziertes System von gegenseitigen Absprachen verhindert werden.

Den sogenannten Chequers-Deal hatte May im Sommer gegen heftigen Widerstand in ihrem Kabinett durchgepeitscht. Nicht nur in Brüssel gibt es Vorbehalte; die britische Opposition und viele von Mays Parteifreunden halten den Plan für nicht umsetzbar.  © dpa

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