Theresa May trotzt Brüssel in letzter Sekunde Zugeständnisse beim Brexit-Vertrag ab. Darunter ist eine Übergangsregelung für den Backstop. Ob das reicht, um den Deal durchs Parlament zu bringen, ist fraglich.

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Last-Minute-Erfolg für Theresa May in Strassburg: Die britische Premierministerin hat der EU Änderungen beim Brexit-Deal abgetrotzt. Darunter ist etwa eine Regelung, die den grossen Streitpunkt Backstop betrifft.

Nun hofft May darauf, dass ihr Brexit-Abkommen im Parlament in London doch noch angenommen wird.

Die Debatte startet um 13:45 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Am Dienstagabend (voraussichtlich ab 20:00 Uhr MEZ) sollen die Abgeordneten im Unterhaus ein zweites Mal über das mit Brüssel ausgehandelte Vertragspaket zum EU-Austritt des Landes abstimmen.

Übergangsregelung beim Backstop

Bei der ersten Abstimmung war May krachend gescheitert. Auch dieses Mal wurden ihr kaum Chancen ausgerechnet. Nun hofft sie, dass die in letzter Minute gewonnenen Zugeständnisse der Europäischen Union bei der umstrittenen irischen Grenzfrage - dem Backstop - das Blatt noch einmal wenden.

May hatte sich am Montagabend kurzfristig mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Strassburg getroffen. Bei einer anschliessenden Pressekonferenz sagte Juncker, man habe sich im Geiste der Kooperation auf ein "rechtlich verbindliches Instrument" als Ergänzung zum Austrittsvertrag geeinigt.

Das "rechtlich verbindliche Instrument" soll noch deutlicher machen, dass der Backstop höchstens eine Übergangslösung ist. Und eine gemeinsame Ergänzung der politischen Erklärung über die künftigen Beziehungen beider Seiten soll betonen, dass diese schnellstmöglich geklärt werden. Das soll den Backstop überflüssig machen.

Für Irland könnte der Kompromiss an die Schmerzgrenze gehen. Während Mays Treffen mit Juncker in Strassburg kam das Kabinett in Dublin zu einer Krisensitzung zusammen. Regierungschef Leo Varadkar, der eigentlich in die USA reisen wollte, wurde vom Flughafen in der irischen Hauptstadt zu dem Treffen zurückgebracht.

Der Backstop soll verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen. Andernfalls wird ein Wiederaufflammen der Gewalt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion befürchtet.

Die Regelung sieht vor, dass Grossbritannien so lange in einer Zollunion mit der EU bleibt, bis die Frage anderweitig gelöst ist.

Juncker: War das letzte Zugeständnis

Juncker stellte klar, dass dies die letzten Zugeständnisse der EU sein würden. Er beschwor die Abgeordneten im britischen Unterhaus, dem Vertrag nun zuzustimmen.

"Es wird keine dritte Chance geben", sagte Juncker. Werde dieser Vertrag nicht angenommen, werde der Brexit womöglich gar nicht stattfinden. Eine Verlängerung der Austrittsfrist sei nur bis zur Europawahl Ende Mai möglich, andernfalls müsse Grossbritannien an der Wahl teilnehmen.

May richtete einen ähnlichen Appell an die Abgeordneten. "Heute haben wir rechtliche Änderungen durchgesetzt. Jetzt ist es Zeit, gemeinsam diesen verbesserten Brexit-Deal zu unterstützen und den Willen des britischen Volks umzusetzen", sagte die Premierministerin.

May kündigte zudem eine einseitige Erklärung an. Demnach sieht sich London berechtigt, Massnahmen zu ergreifen, die zum Ende der Backstop-Regelung führen, sollten die Verhandlungen über eine künftige Beziehung scheitern.
Führende konservative Brexit-Hardliner und die nordirisch-protestantische DUP zeigten sich zurückhaltend. Die Änderungen am Abkommen müssten nun zunächst einer gründlichen Prüfung unterzogen werden, teilte die DUP mit.

Die Opposition dagegen war unbeeindruckt. Labour-Chef Jeremy Corbyn bezeichnete die Verhandlungen als "gescheitert".

In der Vereinbarung sei nichts, was den Änderungen nahe komme, die May dem Parlament versprochen habe. Auch der Labour-Brexit-Experte Keir Starmer hält die Änderung für bedeutungslos.

Juncker betonte, dass er nicht über das bisherige Mandat der übrigen 27 EU-Staaten hinaus gegangen sei.

Es hängt am Generalstaatsanwalt

Entscheidend für einen Erfolg bei der Abstimmung dürfte sein, ob der britische Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox in einem Rechtsgutachten seine ursprüngliche Bewertung des Abkommens nun ändert.

Cox hatte im Dezember befunden, dass Grossbritannien durch die sogenannte Backstop-Regelung dauerhaft gegen seinen Willen an die EU gebunden bleiben könnte.

Sollte Cox seine Meinung ändern, dürften viele Brexit-Befürworter in Mays konservativer Partei ihren Widerstand gegen das Abkommen aufgeben.

Würde sich gar die DUP überzeugen lassen, könnte May nach Ansicht von Beobachtern sogar eine Chance haben, ihren Deal doch noch durchs Parlament zu bringen.

Wird der Vertrag am Dienstag trotz der Nachbesserungen abgelehnt, will May am Mittwoch über ein Ausscheiden ohne Deal abstimmen lassen.

Findet auch das keine Mehrheit, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll. Planmässig will sich Grossbritannien am 29. März von der EU trennen. (dpa/AFP/ank)

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