Seine "Order"-Rufe in den Brexit-Debatten haben John Bercow eine gewisse Berühmtheit eingebracht. Jetzt ruft der britische Parlamentssprecher einmal mehr zur Ordnung - diesmal den Premierminister. Der Machtkampf zwischen Boris Johnson und dem Unterhaus spitzt sich zu.
Um deutliche Ansagen ist John Bercow nicht verlegen. Das hat der Sprecher des britischen Unterhauses mit seinen berühmt gewordenen "Order"-Rufen in den Brexit-Debatten gezeigt. Jetzt redet er mit Grossbritanniens neuem Premier
Johnson hat versprochen, dass Grossbritannien die EU spätestens am 31. Oktober verlässt - "komme, was wolle". Er ist bereit, auch einen harten Brexit in Kauf zu nehmen. Doch ein Austritt ohne Abkommen mit Brüssel gilt vielen Abgeordneten im Unterhaus als Albtraum, auch innerhalb Johnsons Konservativer Partei.
Pfeift Boris Johnson auf das Unterhaus?
Auf eine Parlamentsmehrheit für seine Pläne kann Johnson also nicht bauen. Er zieht deshalb offenbar in Erwägung, dass die Regierung den harten Brexit im Zweifel ohne Zustimmung des Unterhauses durchziehen könnte. Zumindest hat Johnson diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen - trotz mehrfacher Nachfragen.
Das Parlament zu umgehen wäre theoretisch möglich, wenn die Regierung bei der Queen erreicht, dass die Sitzungsperiode des Parlaments vorzeitig beendet wird, noch bevor die Abgeordneten einen weiteren Aufschub des Termins erreichen konnten.
Bercow: "Das Parlament muss angehört werden"
Ein No-Go für Bercow, der ebenfalls der Konservativen Partei angehört, seine Mitgliedschaft wegen seines Amtes als Parlamentssprecher aber ruhen lässt. "Das Einzige, woran ich fest glaube, ist, dass das Parlament zu seinem Recht kommen muss", sagte er in Edinburgh. "Wir können nicht zulassen, dass das Parlament geschlossen wird. Wir sind eine demokratische Gesellschaft und das Parlament muss angehört werden."
Nicht ohne Verwunderung nahm das Publikum zur Kenntnis, dass Bercow weiterhin fest davon überzeugt ist, das Unterhaus sei in der Lage, einen harten Brexit zu verhindern. Denn die Mehrheit der Parlamentarier ist zwar gegen einen No-Deal-Brexit. In der Frage, wie ein geregelter Austritt aussehen könnte, gibt es aber weiterhin keine Einigkeit. (mcf)
Verwendete Quellen:
- "The Guardian" vom 14. August 2019: "Bercow will fight with every breath to stop Johnson closing parliament for no deal"
- "Spiegel" vom 14. August 2019: "Parlamentssprecher Bercow kündigt Johnson 'Kampf bis zum letzten Atemzug' an"
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