Am 31. Januar diesen Jahres ist Grossbritannien aus der EU ausgetreten. Bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion - und bis dahin muss von beiden Seiten ein Handelsabkommen vereinbart werden. Sollte das scheitern, droht ein Chaos-Brexit, das die tiefe Rezession durch die Corona-Krise für alle Beteiligten verschlimmern könnte.
Grossbritannien und die EU haben die vierte Runde ihrer Gespräche über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit begonnen. Die Verhandlungen liefen am Dienstagnachmittag an, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Verhandlungskreisen erfuhr. Obwohl die Zeit drängt, sind die Verhandlungspositionen festgefahren und die Erwartungen auf Erfolg nach wie vor niedrig.
EU-Chefunterhändler Michel Barnier bezeichnete die Lage vor Beginn der Gespräche als "ernst". Die Briten versuchten derzeit, sich das Beste aus den Handelsabkommen der EU mit anderen Ländern herauszupicken ohne eine Gegenleistung anzubieten, sagte er der französischen Zeitung "Le Monde". Um zu einem Ergebnis zu kommen, brauche es "mehr Realismus".
"Was wir nicht akzeptieren können sind Forderungen der EU, die unsere Rechte als unabhängiger Staat berühren würden", hiess es hingegen aus London. Grossbritannien strebe ein Abkommen an, wie es auch andere Länder mit der EU hätten. Und: "Es ist klar, dass die EU sich bewegen muss, um zu einer Einigung zu kommen."
Grossbritannien noch bis Jahresende in EU-Binnenmarkt und Zollunion
Grossbritannien war am 31. Januar aus der EU ausgetreten. In der Übergangsphase bis Jahresende bleibt das Land noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Zeit wollen beide Seiten insbesondere ein Handelsabkommen vereinbaren.
Der EU schwebt dabei ein weitgehendes Abkommen vor, das eine automatische Anerkennung von EU-Standards beim Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutz beinhaltet. Das sei Voraussetzung für einen freien Zugang britischer Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt. London pocht stattdessen auf ein einfaches Handelsabkommen für weitgehend zollfreien Handel.
Nachdem die bisherigen Gesprächsrunden kaum Fortschritte gebracht hatten, scheint eine Einigung bis Jahresende schwieriger denn je. Eine mögliche Verlängerung der Verhandlungsphase über das Jahresende hinaus lehnt London strikt ab. Darüber müsste bis Ende Juni entschieden werden.
Chaos-Brexit ohne Abkommen könnte tiefe Rezession verschlimmern
Die Gespräche finden über die Woche verteilt zu verschiedenen Themen auf Expertenebene statt. Über die Ergebnisse soll am Freitag berichtet werden. Ein EU-Vertreter warnte vor hohen Erwartungen: Die Verhandlungen würden voraussichtlich "nur bestätigen, dass wir uns in einer Sackgasse befinden".
Ohne Abkommen bis zum 31. Dezember müssten von einem auf den anderen Tag Zölle, Grenzkontrollen und andere Einfuhrbeschränkungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU eingeführt werden.
Befürchtet wird, dass ein solcher Chaos-Brexit die tiefe Rezession infolge der Corona-Pandemie auf beiden Seiten des Ärmelkanals noch verschlimmern würde. (AFP/dh)
Was kommt nach dem Brexit? Fragen und Antworten
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