Die britische Premierministerin Theresa May hat das Parlament in London um ein Mandat für Nachverhandlungen zum Brexit-Abkommen gebeten. London müsse den übrigen 27 EU-Staaten endlich klar zu sagen, was die Briten in Sachen Brexit wollen.

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"Die Welt weiss, was dieses Haus nicht will. Heute müssen wir eine nachdrückliche Botschaft dazu senden, was wir wollen", sagte die Premierministerin am Dienstagnachmittag zum Auftakt der wichtigen Brexit-Debatte im britischen Unterhaus.

Es gebe im Parlament keine Mehrheit für eine Neuwahl oder eine zweite Volksabstimmung über den EU-Austritt des Landes, der in zwei Monaten wirksam werden soll. Zur deutlichen Niederlage im britischen Parlament für das Austrittsabkommen, das sie mit der EU ausgehandelt hatte, sagte die Premierministerin, sie habe diese Botschaft verstanden. May appellierte an die Abgeordneten, ihr das "klarestmögliche Mandat" für weitere Verhandlungen mit der EU über den Deal zu geben.

Nach der Ablehnung des Brexit-Deals bei der Abstimmung Mitte Januar müssten nun die Bedenken der Abgeordneten zum sogenannten Nordirland-Backstop berücksichtigt werden. Dazu sei "eine bedeutungsvolle und rechtlich bindende Veränderung am Austrittsabkommen" notwendig.

Die Abgeordneten sollen am Abend (zirka ab 20 Uhr MEZ) über insgesamt sieben Vorschläge abstimmen, wie es weitergehen soll.

Weber: Warnung vor Neuverhandlung des Brexit-Vertrags

Der Spitzenkandidat der europäischen Konservativen bei der Europawahl, Manfred Weber (CSU), hat einer Neuverhandlung des Brexit-Vertrags allerdings eine Absage erteilt. "Der Vertrag liegt auf dem Tisch, der ist zu akzeptieren", sagte Weber am Dienstag in Berlin. Das Abkommen sei lang verhandelt worden und "ein Kompromiss von vielen Interessen".

Wenn jetzt einseitig versucht werde, den Vertrag neu aufzuschnüren, dann werde als Konsequenz nicht nur über den Backstop gesprochen, sondern auch über die Gibraltar-Frage oder die Summe, die Grossbritannien der EU noch schulde, warnte Weber vor einer Sitzung der Unionsfraktion, an der er als gemeinsamer Spitzenkandidat für die Europawahl von CDU und CSU teilnahm.

Dann werde "alles neu aufgemacht", sagte Weber. "Und ich sehe da ehrlich gesagt keine grossen Sinn drin." Es brauche jetzt nicht Neuverhandlungen, sondern eine klare Aussage Londons, "wie die langfristige Beziehung Europas mit Grossbritannien aussieht".

Zahlreiche Änderungsanträge zur Abstimmung

Welche Änderungen genau vorgenommen werden sollen, ist noch nicht bekannt. Zu einer neuen, neutral formulierten Beschlussvorlage der Regierung liegen gut ein Dutzend Änderungsanträge vor.

Gleich mehrere sehen vor, die umstrittene Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland - genannt Backstop - im Austrittsabkommen zu streichen, zu befristen oder mit einem Kündigungsrecht für Grossbritannien zu versehen.

Die Opposition arbeitet unterdessen daran, einen Brexit ohne Abkommen abzuwenden. Als aussichtsreich gilt ein Antrag der Labour-Abgeordneten Yvette Cooper. Sie will die Regierung dazu zwingen, in Brüssel eine Verschiebung des Brexits zu beantragen, sollte bis Ende Februar kein Austrittsabkommen ratifiziert sein.

EU bleibt bislang unnachgiebig

Das Londoner Unterhaus hatte das von May mit Brüssel ausgehandelte Austrittsabkommen vor zwei Wochen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Die EU schloss Nachverhandlungen bereits mehrfach aus.

Die stellvertretende EU-Verhandlungsführerin zum Brexit, Sabine Weyand, hatte vor Mays Forderung vom Dienstag nochmals betont: "Diese Verhandlung ist beendet."

(hub/afp/dpa)

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