Das britische Unterhaus hat zum zweiten Mal das Brexit-Abkommen für einen geregelten EU-Austritt abgelehnt. Angesichts eines drohenden Chaos-Brexit bot die EU London umgehend an, einen "begründeten Antrag" auf Verschiebung des Austrittsdatums am 29. März zu prüfen. Doch was würde das bringen? Wäre fast drei Jahre nach dem Brexit-Referendum ein Ende mit Schrecken nicht besser als ein Schrecken ohne Ende?

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Was steht im EU-Vertrag?

Nach Artikel 50 des EU-Vertrages müsste Grossbritannien einen Antrag auf Verlängerung stellen. Die EU-Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Staaten müssten dann "einstimmig" entscheiden, die Frist für den Brexit zu verlängern.

Die britische Premierministerin Theresa May hat bisher von einem möglichen Aufschub um bis zu drei Monate gesprochen. Eine Höchstdauer gibt es nach Artikel 50 nicht, auch eine mehrfache Verlängerung wäre möglich.

Gibt es Bedingungen für eine Verlängerung?

Der EU-Vertrag nennt keine Bedingungen. "Wenn Grossbritannien mehr Zeit braucht, dann werden wir uns dem natürlich nicht verweigern", sagte etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Ende Februar.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schränkte aber ein, er wolle einen Aufschub nur prüfen, wenn dieser "gerechtfertigt" sei. Eine Verlängerung an sich löse "nicht die Probleme, denen wir uns gegenüber stehen", sagte auch May am Dienstagabend.

Welche Gründe für einen Aufschub wären möglich?

May könnte auf eine dritte Abstimmung über den Austrittsvertrag setzen und dafür um mehr Zeit bitten. Angesichts von bereits zwei fehlgeschlagenen Versuchen scheint das aber wenig überzeugend.

Die oppositionelle Labour-Partei forderte am Dienstagabend erneut ein zweites Referendum. Partei-Chef Jeremy Corbyn stellte zudem in den Raum, ob es jetzt nicht Zeit für Neuwahlen sei.

Würden drei Monate Verlängerung in jedem Fall reichen?

Nein. Experten schätzen den nötigen Vorlauf für eine erneute Volksbefragung zum Brexit auf fünf bis sechs Monate. Neuwahlen könnten wohl schneller stattfinden.

Aber auch hier ist fraglich, ob sich unter einer neuen Regierung das Brexit-Problem tatsächlich so schnell lösen lässt.

Warum wäre eine längere Verschiebung problematisch?

Wegen der Europawahlen, die vom 23. bis zum 26. Mai stattfinden. Grossbritannien wäre dann verpflichtet, seinerseits Wahlen zum EU-Parlament abzuhalten. Damit fiele dessen geplante Verkleinerung von 751 auf 705 Sitze vorerst aus.

Für viele EU-Vertreter ist es problematisch, dass Abgeordnete eines Landes, das eigentlich austreten will, dann den neuen Präsidenten der EU-Kommission mitwählen.

Als maximal mögliche Verlängerung ohne EU-Wahl in Grossbritannien gilt die Zeit bis Ende Juni, weil Anfang Juli das neue Europaparlament erstmals tagt.

Gibt es trotzdem Rufe nach einer deutlich längeren Verschiebung?

Ja. Mancher in Brüssel glaubt, dass die Briten eine längere "Denkpause" brauchen, um herauszufinden, was sie eigentlich wollen. Ein "logisches" Enddatum der britischen Mitgliedschaft wäre dann der 31. Dezember 2020, sagt ein EU-Diplomat. Denn dann endet der mehrjährige EU-Finanzrahmen, den London noch mitbeschlossen hatte.

Die britische Politik hätte dann nochmals 21 Monate, die umstrittenen Austrittsfragen zu klären.

Was würde ein No-Deal-Brexit bedeuten?

Zum 29. März würden Beziehungen aus 45 Jahren EU-Mitgliedschaft schlagartig gekappt, was weitreichende Folgen für Wirtschaft und Bürger hätte. Auch zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland wären wieder Grenzkontrollen nötig, um deren Verhinderung sich der Brexit-Streit in den vergangenen Monaten vor allem drehte.

Beide Seiten könnten die schlimmsten Folgen eines No-Deal-Szenarios lediglich über Notvereinbarungen abfedern. Die EU-Kommission hat dazu 14 Bereiche identifiziert, darunter Zoll- und Handelsbestimmungen sowie den Luftverkehr. Britischen Bürgern sicherte Brüssel zudem zu, dass sie ihr Aufenthaltsrecht auf dem Kontinent behalten würden - vorausgesetzt dies gilt auch für EU-Bürger in Grossbritannien.

Wirtschaftliche Brexit-Folgen dramatischer als gedacht

Der Brexit wird Medienberichten zufolge für Grossbritannien weitaus dramatischere wirtschaftliche Konsequenzen haben, als bislang angenommen. Grund sei eine eklatante Fehleinschätzung der Regierung.
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