Theresa May versucht es noch ein drittes Mal: Am Freitag stimmen die Abgeordneten des britischen Unterhauses erneut über ihren Brexit-Deal mit der EU ab. Ob er diesmal durchgeht, ist mehr als fraglich.
Eigentlich wären sie schon draussen: Am Tag des ursprünglich geplanten EU-Austritts hat das britische Parlament mit einer entscheidenden Debatte über das umstrittene Brexit-Abkommen begonnen.
Am Nachmittag (15:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit) wollen die Abgeordneten dann über den Vertrag abstimmen. Parlamentssprecher John Bercow hatte das Votum zugelassen, weil sich die Vorlage "substanziell" von den vorhergehenden unterscheide.
Geplant ist nun, das Vertragspaket zum EU-Austritt in zwei Teile zu zerlegen. Demnach soll am Freitag nur der Vertrag über den Austritt, nicht aber die politische Erklärung über die künftigen Beziehungen zur Abstimmung stehen.
Nachteil der Aufspaltung des Brexit-Vertragspakets ist, dass auch bei einer Zustimmung des Parlaments eine Ratifizierung noch nicht möglich ist. Nach dem britischen EU-Austrittsgesetz ist dafür die Zustimmung des Unterhauses zu beiden Teilen des Deals notwendig.
Die Regierung will die Möglichkeit offenhalten, bis zum Austritt am 22. Mai die politische Erklärung noch nachzuverhandeln. Anders als das Abkommen ist die politische Erklärung aber kein Vertragswerk. Künftige Premierminister müssten sich nicht daran halten.
Brexit: Theresa May sucht nach Kompromiss - Maas: Es ist längst fünf nach zwölf
Theresa Mays Chancen stehen schlecht
Ob das beim Thema Brexit völlig zerstrittene Unterhaus dem Vertrag nunmehr zustimmt, ist ohnehin sehr fraglich. Britische Medien sprachen sogar von einem "Tag der Abrechnung".
Premierministerin
Oppositionschef Jeremy Corbyn kündigte bereits an, seine Partei werde am Freitag gegen das Brexit-Abkommen stimmen. Die Labour-Fraktion könne sich nicht hinter einen Brexit im Blindflug stellen. "Es gibt keinen Weg zurück, wenn man es einmal unterschrieben hat und sich drauf eingelassen hat", so Corbyn.
Etliche Widersacher in Mays Konservativer Partei haben hingegen ihren Widerstand aufgegeben, darunter der ehemalige Aussenminister Boris Johnson. Auch Ex-Brexit-Minister Dominic Raab und der einflussreiche Parlamentarier Jacob Rees-Mogg kündigten am Nachmittag an, für den Brexit-Deal stimmen zu wollen. Doch die nordirische Protestantenpartei DUP, auf deren zehn Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, sperrt sich weiter.
Die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Andrea Leadsom appellierte an die Abgeordneten, den Vertrag zu unterstützen und so dafür zu sorgen, dass Grossbritannien die EU geordnet verlassen könne.
Handelsminister Liam Fox warnte in einem BBC-Interview davor, dass die Wähler sich betrogen fühlen könnten, wenn der Vertrag erneut durchfalle. Fox sieht sogar die "politischen Strukturen" des Landes in Gefahr.
Als Ganzes hatte das Unterhaus den Deal, den May mit der EU ausgehandelt hatte, zuvor zweimal abgelehnt. Eine dritte Abstimmung hatte Bercow kürzlich verhindert. Er berief sich dabei auf eine 415 Jahre alte Regel, wonach ein und dieselbe Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann..
Von EU gesetzte Frist läuft ab
Ursprünglich wollte sich Grossbritannien am 29. März von der EU trennen, doch der Brexit-Streit machte diesen Termin zunichte.
Mit der neuen Abstimmung will London verhindern, dass der Brexit über den 22. Mai hinaus verschoben wird und Grossbritanniens an der Europawahl vom 23. bis 26 Mai teilnehmen muss. Zudem will die Regierung Zeit für die Ratifizierung gewinnen.
Ende dieser Sitzungswoche läuft eine von der EU gesetzte Frist ab, bis zu der in London zumindest der Brexit-Vertrag gebilligt sein muss. Fehlt die Zustimmung, droht zum 12. April ein Ausscheiden Grossbritanniens aus der EU ohne Abkommen oder eine sehr lange Verschiebung des Brexits.
Zwar könnten einige Brexit-Hardliner angesichts des Zeitdrucks Mays Deal in letzter Minute doch noch stützen, aber das dürfte britischen Medien zufolge für die Annahme des Vertrags wahrscheinlich nicht reichen.
Die britischen Abgeordneten hatten am Mittwoch über acht Alternativen zum Brexit-Kurs der britischen Premierministerin abgestimmt - doch hatte kein Vorschlag eine Mehrheit bekommen. Am Montag sind im Unterhaus weitere Abstimmungen geplant. Zugleich soll es dann eine Debatte über die Online-Petition für den Verbleib Grossbritanniens in der EU geben, die rund sechs Millionen Menschen unterzeichnet haben. (dpa/ank)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.