Die britische Premierministerin Theresa May hat dem Parlament am Dienstagmittag die Verschiebung des Brexit angeboten. Es gäbe dazu bereits Pläne. Demnach können die Abgeordneten über eine Verschiebung entscheiden, sollte der ursprünglich ausgearbeitete Austrittsplan bei einer neuerlichen Abstimmung am 12. März erneut keine Zustimmung finden.

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Die britische Premierministerin Theresa May will das Parlament über eine Brexit-Verschiebung abstimmen lassen. Das sagte May am Dienstag bei einer Erklärung im Unterhaus.

May will den Abgeordneten die Wahl zwischen einem ungeregelten Brexit oder einer "kurzen Verlängerung" der Austrittsfrist anbieten, sollte sie bis zum 12. März mit ihrem Brexit-Abkommen erneut scheitern. Noch am Montag hatte die Premierministerin erklärt, sie halte am Austrittsdatum 29. März fest.

May will mit Vorstoss Rebellion in eigener Fraktion abwenden

Die Abstimmungen über einen No-Deal-Brexit und eine Verschiebung des EU-Austritts sollen spätestens am 13. und 14. März stattfinden, kündigte May an. "Das Vereinigte Königreich wird am 29. März nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Unterhauses ohne Deal austreten", sagte die Regierungschefin. Ein späterer Austritt ohne Abkommen sei aber weiterhin möglich.

Mit dem Vorstoss will May eine Rebellion in ihrer Fraktion abwenden. Die Regierungschefin muss bei einer Abstimmung am Mittwoch über die weiteren Brexit-Schritte damit rechnen, die Kontrolle über das Verfahren zu verlieren. Mehrere Regierungsmitglieder drohen offen damit, für einen Antrag zu stimmen, der May zum Verschieben des Austritts zwingen könnte.

Folgen eines No Deal wären für Wirtschaft gravierend

Bis zu 15 Parlamentarische Staatssekretäre seien bereit, ihre Ämter niederzulegen, berichtete die "Daily Mail". Drei bekannten sich dazu, im Notfall parteiübergreifend im Parlament gegen May zu stimmen, um einen No-Deal-Brexit abzuwenden: Industrie-Staatssekretär Richard Harrington, Margot James (Digitales) und Claire Perry (Energie). Die Regierung müsse einen kühlen Kopf bewahren, heisst es in einem Gastbeitrag der drei Politiker in dem Blatt. Die Folgen eines No Deal wären für die Wirtschaft gravierend.

Auch in Deutschland werden bei einem ungeordneten Brexit Milliardenbelastungen erwartet: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet in diesem Fall mit einem Rückschlag für die deutsche Wirtschaft in der Grössenordnung von mindestens einem halben Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschaftskraft allein in diesem Jahr", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang in Berlin. Grossbritannien werde dann in eine Rezession stürzen. Der BDI hat seit längerem eine "Task Force" gebildet, um Unternehmen auf einen No Deal vorzubereiten.

Labour sorgt mit Ankündigung für Paukenschlag

Für einen Paukenschlag sorgte am Montagabend der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn: Er kündigte an, seine Partei stelle sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum. Zuvor will die Labour-Partei jedoch versuchen, die Regierung von ihren eigenen Brexit-Plänen zu überzeugen. Labour setzt sich dafür ein, dass Grossbritannien in einer Zollunion mit der EU bleibt. Das lehnt May jedoch kategorisch ab.

Die Regierungschefin bemüht sich bisher vergeblich um Nachbesserungen an dem mit Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen. Eine erneute Abstimmung über den im Januar vom Parlament mit überwältigender Mehrheit abgelehnten Deal in dieser Woche hatte May daher ausgeschlossen. Sie versprach aber, das Abkommen bis zum 12. März erneut zur Abstimmung zu stellen.

Berichte über die mögliche Verschiebung des Brexits verliehen dem britischen Pfund weiter Auftrieb und liessen den Kurs im Handel mit dem Euro auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren steigen. Am Dienstag kletterte der Kurs im Vormittagshandel bis auf 1,1621 Euro, so hoch wie seit Mai 2017 nicht mehr. (mwo/dpa)

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