Der Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist unweigerlich vorgegeben: die Coronakrise. Doch es stehen noch zwei weitere grosse "Pflichtthemen" an.
Die Bewältigung der Coronakrise wird klarer Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli sein. Das Kabinett beschloss am Mittwoch ein 24-seitiges Programm, das den sechsmonatigen Vorsitz ab 1. Juli unter das Motto stellt: "Gemeinsam. Europa wieder stark machen."
So schwierig wie in diesem Jahr war es für eine EU-Ratspräsidentschaft schon lange nicht mehr, ihr Programm zusammenzustellen. Die Coronakrise hat die ursprünglichen Pläne der Bundesregierung für das halbe Jahr EU-Vorsitz ab dem 1. Juli über den Haufen geworfen.
Natürlich will Berlin eigene Akzente setzen - etwa in den Bereichen Klimawandel, Flucht und Migration, Rechtsstaatlichkeit und Digitalisierung. Doch es gibt schon drei grosse "Pflichtthemen", die nur wenig Raum lassen. Ein Überblick.
Corona-Pandemie
Seit Monaten hält die Corona-Pandemie die EU in Atem. Ihre Kompetenzen etwa beim Gesundheitsschutz sind aber begrenzt. Im Fokus steht vor allem das Vorgehen gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.
Die EU-Kommission hat dazu ein beispielloses Krisen-Programm von 750 Milliarden Euro vorgeschlagen. Unter den 27 Mitgliedstaaten sind Volumen, Finanzierung und die Art der Hilfen aber hochumstritten.
Ein EU-Gipfel am 17. und 18. Juli soll nun den Durchbruch bringen. Viele der EU hoffen, dass Deutschland als Vermittler dazu beitragen kann.
In dem Programm des Kabinetts heisst es: "In der deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden wir uns mit ganzer Kraft dafür einsetzen, diese Aufgabe gemeinsam und zukunftsgerichtet zu meistern und Europa wieder stark zu machen."
Aussenminister
"Niemand hat bisher die eigenen Bürger so gut durch die Krise gebracht. Solidarität ist der Wesenskern Europas, und diese Stärke wollen wir ausbauen", so Maas.
EU-Mehrjahreshaushalt
Bei dem Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs steht auch der nächste Sieben-Jahreshaushalt der EU auf der Tagesordnung. Im Februar war eine Einigung über das rund 1,1 Billionen Euro schwere Budget für die Zeit von 2021 bis 2027 an den unterschiedlichen Haltungen der Mitgliedstaaten noch gescheitert.
Die Bundesregierung hofft, dass die Verbindung mit dem Corona-Hilfsplan mehr Verhandlungsmasse schafft und übergreifende Kompromisse ermöglicht. Wenn nicht, droht der Streit um Finanzen den deutschen Vorsitz noch längere Zeit zu belasten.
Auf einem Gipfel Mitte Juli soll ein Programm für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in der EU nach der Coronakrise beschlossen werden. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag für einen schuldenfinanzierten Konjunktur- und Investitionsplan im Umfang von 750 Milliarden Euro. Davon sollen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse an die EU-Staaten fliessen, der Rest als Kredite.
Gegen den Vorschlag der EU-Kommission stemmen sich bisher noch Österreich, Dänemark, Schweden und vor allem die Niederlande. Das Wiederaufbauprogramm soll zusammen mit dem EU-Haushaltsrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 im Umfang von 1,1 Billionen Euro verhandelt und beschlossen werden.
Brexit-Handelsabkommen
"Pflichtthema" ist auch das Handelsabkommen mit Grossbritannien nach dem Brexit. Bis Jahresende läuft noch eine Übergangsphase. Ab dem 1. Januar 2021 sind die Briten aber "ganz draussen".
Gibt es bis dahin kein Abkommen, gehen im beiderseitigen Handel die Zollschranken herunter: Der Austausch von Gütern und Dienstleistungen würde teurer und zeitaufwendiger - für die durch die Coronakrise ohnehin gebeutelte Wirtschaft eine Horrorvorstellung. Ziel ist ein Durchbruch bis Oktober oder November, weil der Deal dann noch von den Parlamenten ratifiziert werden muss. (msc/afp/dpa)
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