Grünen-Politiker sehen die Pläne des Bundesinnenministeriums kritisch, bei Ermittlungen im Bereich von Terrorismus und schwerer sowie organisierter Kriminalität auch Software zur Gesichtserkennung einzusetzen. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Samstag, es gelte "zunächst festzuhalten, dass der Koalitionsvertrag aus gutem Grund eine klare Absage an die biometrische Erfassung zu Überwachungszwecken im öffentlichen Raum enthält".

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Von Notz sagte weiter: "Formen der Überwachung im digitalen Raum, wie das von der Bundesinnenministerin vorgeschlagene Tool, werfen ebenso verfassungsrechtlich tiefgreifende Fragen auf." Auch wer freiwillig die Öffentlichkeit eines sozialen Netzwerks suche, gebe dadurch nicht seine verfassungsrechtlich garantierten Rechte auf.

Unabhängig davon müsse in jedem Fall sichergestellt sein, dass die eingesetzte Software gut und zuverlässig arbeite, fügte von Notz hinzu. "Ebenso wichtig ist bei verfassungsrechtlich derart sensiblen Feldern die frühzeitige und fortwährenden Begleitung durch die zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden."

Hochsensible Daten

Der Obmann der Grünen-Bundestagsfraktion im Innenausschuss, Marcel Emmerich, sagte dem RND: "Wir prüfen die Eingriffsintensivität sehr genau und lehnen automatisierte und biometrische Gesichtserkennung ab, da sie die Grundrechte massiv beschneiden." Es müsse verhindert werden, "dass hochsensible Daten unschuldiger Personen durch KI-Systeme massenhaft - oft durch intransparente Algorithmen - flächendeckend erfasst und ausgewertet werden".

Das Bundesinnenministerium will die neuen Befugnisse "zum biometrischen Internetabgleich von Bilddaten und zu einer automatisierten Datenanalyse polizeilicher Daten" mit mehreren Gesetzesänderungen einführen, hatte am Freitag eine Sprecherin gesagt. Die Sicherheitsbehörden bräuchten zeitgemässe Befugnisse, um Tatverdächtige und Gefährder insbesondere im Bereich von Terrorismus und schwerer und organisierter Kriminalität schnell und effektiv identifizieren und lokalisieren zu können.

Als ein Anwendungsbeispiel nannte die Sprecherin Bildmaterial "im Bereich des islamistischen Terrorismus", etwa aus "Hinrichtungs- oder Foltervideos". Hier könne die Nutzung von Werkzeugen wie einer Software zur Gesichtserkennung "dazu beitragen, eine Person zu identifizieren und zu lokalisieren".

Zu biometrischen Merkmalen können neben dem Gesicht auch die Stimme oder der Gang eines Menschen zählen. Die Ministeriumssprecherin betonte, es gehe bei dem Gesetzesvorhaben nicht um "Echtzeitüberwachung und Echtzeitgesichtserkennung im öffentlichen Raum". Solche Befugnisse seien von dem Gesetzentwurf nicht umfasst.   © AFP

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