Guy Parmelin ist neuer Bundesrat. Der SVP-Kandidat aus dem Waadtland hat sich am Mittwoch im dritten Wahlgang durchgesetzt - welches Departement er übernehmen wird, ist noch offen. So kommentiert die Presse die Wahl.

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Neue Zürcher Zeitung: "Die Wahl des umgänglichen Landwirts Parmelin steht im Einklang mit den imperativen Ansprüchen der SVP. Fest steht damit, dass in der Volkspartei niemand exkommuniziert wird. Kommt dazu, dass neben dem neuen SVP-Magistraten alle sechs Bisherigen problemlos im Amt bestätigt worden sind. Keine Sprengkandidaten, kein Eklat: Der Wahltag ist erfreulich unspektakulär verlaufen – und das ist gut so. Im Bundeshaus ist der Courant normal eingekehrt."

Tages-Anzeiger: "Dass Guy Parmelin selbst in seiner Heimat aneckt, ist er nicht gewohnt, und es ist ein Vorgeschmack darauf, was das Amt als Bundesrat mit sich bringt. Offen ist, wie er öffentlichen Dauerdruck und Kritik ertragen wird. Das Temperament des 56-Jährigen ist nämlich keineswegs dergestalt, dass er verbale Scharmützel, Machtspielchen und Provokationen schätzt. Noch weniger wird er solches selbst inszenieren. Oft wirkt der ruhige und betont zurückhaltende Parmelin in Anzug und Krawatte so, als hätte er sich gerade aus dem Rebberg des familieneigenen Weinguts geschlichen und den Arbeitsoverall abgestreift, um seiner zweiten Leidenschaft nachzugehen: der Politik."

Blick: "Und nun also Guy Parmelin, ein Offizieller aus einem blassen Kandidaten-Trio der SVP, ebenfalls gewählt mit zahlreichen Mitte-links-Stimmen. Und was die Bundesversammlung mit diesem Knicks vor der SVP erhofft ist klar: weniger Opposition, weniger Initiativen, weniger Referenden. Das entscheidet wiederum die SVP ganz allein. Ob sie das tut, ist freilich mehr als fraglich."

Der Bund: "Er wird von vielen als mittelmässig, uninspiriert und langweilig belächelt. Doch vielleicht geht Guy Parmelin eines Tages in die Geschichtsbücher ein: als Bundesrat, der dazu beigetragen hat, dass sich die Schweizer Politik etwas beruhigt hat. Und als Katalysator eines Prozesses, an dessen Ende die SVP wieder vielfältiger, flexibler und massvoller geworden ist. (...) Ob das Experiment gelingt, hängt im Wesentlichen von der SVP ab. Erweist sich der zweite SVP-Sitz politisch als nutzlos, ist das Parlament frei, der Partei bei nächster Gelegenheit wieder einen Sitz wegzunehmen.

SRF: "Die Wahl von Guy Parmelin ist sicher ein gutschweizerischer Kompromiss. Einerseits hat man die Ansprüche der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz damit befriedigt, andererseits hat zumindest die Linke das Gefühl, mit Parmelin das kleinste Übel gewählt zu haben. Aus ihrer Sicht gilt er nicht als blochernah und nicht als einer, der extreme und schädliche Initiativen erfindet. Bei einigen Themen ist er sogar liberaler als viele in seiner Partei, etwa beim Thema Abtreibung. Weil Parmelin kein sachpolitisches Schwergewicht ist, erhält er gute Noten als Sitzungsleiter und als Präsident einer Kommission im Nationalrat."

Berner Zeitung: "Die Wahl ging alles in allem unspektakulär über die Bühne. Die Bundesversammlung hat den Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz ohne Wenn und Aber anerkannt. Als wählerstärkste Partei steht die SVP nun in der Pflicht, Lösungen zu präsentieren, Kompromisse zu finden, Mehrheiten zu schaffen. In den letzten Jahren hat dies die SVP verlernt. Allzu oft kämpfte sie mit den Waffen der Opposition. Reihum sind die Erwartungen hoch. Die SVP steht unter Beobachtung. Verhält sie sich wider Erwarten weiter destruktiv, könnte eine Regierung ohne SVP-Beteiligung zu einer echten Option werden."

(rs)

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