- Haiti leidet unter Gewalt und Korruption, seit eineinhalb Jahren gibt es kein Parlament.
- Nun haben Unbekannte den Staatschef Jovenel Moïse in seiner Residenz überfallen und tödlich verletzt.
- Der Karibikstaat steht politisch am Abgrund.
Der haitianische Präsident Jovenel Moïse ist in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) in seiner Residenz überfallen und tödlich verletzt worden. Seine Ehefrau Martine Moïse sei bei dem Angriff verletzt worden, teilte die Regierung des Karibikstaats mit. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht.
Ex-Premierminister Claude Joseph verurteilte den Angriff als "hasserfüllt, unmenschlich und barbarisch" und rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Die Sicherheitskräfte hätten die Lage unter Kontrolle.
"Es werden alle Massnahmen ergriffen, um den Fortbestand des Staates zu gewährleisten und die Nation zu schützen", hiess es in der Mitteilung weiter. "Die Demokratie und die Republik werden obsiegen."
Joseph erklärte, er habe nun die Verantwortung für die Führung des Landes. "Der Präsident wurde in seinem Haus von Ausländern ermordet, die Englisch und Spanisch sprachen", sagte er.
Haiti steckt in einer tiefen Krise: Moïse seit 2017 im Amt
Der 53-jährige frühere Geschäftsmann Moïse war 2016 zum Präsidenten gewählt worden und hatte das Amt im Februar 2017 angetreten. Seinen eigenen Angaben zufolge war erst im Februar dieses Jahres ein Mordanschlag auf ihn verhindert worden.
Haiti steckt aktuell in einer tiefen politischen Krise. Da eine für Oktober 2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste gegen Moïse ausgefallen war, hat Haiti seit Beginn der neuen Legislaturperiode im Januar 2020 kein Parlament mehr. Moïse regierte seither per Dekret.
Moïse hatte den Regierungschef des Landes innerhalb von vier Jahren sieben Mal ausgewechselt. Am Montag gab er die Ernennung des neuen Regierungschefs Ariel Henry bekannt, der Claude Joseph nach nur drei Monaten im Amt am Dienstag ablöste.
Von Gewalt und Korruption gebeutelt
Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre. Proteste gegen Moïse haben es in den vergangenen Jahren immer wieder lahmgelegt. Ihm werden Korruption und Verbindungen zu gewalttätigen Banden vorgeworfen.
Kämpfe solcher Banden um die Kontrolle über Teile der Hauptstadt Port-au-Prince trieben nach UN-Zahlen seit Anfang Juni fast 15.000 Menschen in die Flucht.
Rund 4,4 Millionen der gut 11 Millionen Haitianer brauchen demnach humanitäre Hilfe. Zudem nahmen die Corona-Neuinfektionen und Todesfälle zuletzt deutlich zu. (dpa/afp/thp/ank)
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