Eine Rakete aus Gaza fliegt ungewöhnlich weit und trifft ein Haus 30 Kilometer nordöstlich von Tel Aviv. Israel kündigte eine harte Reaktion an. Bricht kurz vor der Wahl der nächste Gaza-Krieg aus?
Ein palästinensischer Raketenangriff auf ein Haus nördlich von Tel Aviv hat die Sorge vor einer neuen Eskalation der Gewalt bis hin zu einem neuen Gaza-Krieg geschürt.
Auch Kinder unter Verletzten
Israel machte die im Gazastreifen herrschende Hamas am Montag verantwortlich für den Angriff, bei dem auch kleine Kinder verletzt wurden. Die Armee werde weitere Truppen in die Nähe des Palästinensergebiets am Mittelmeer verlegen, kündigte eine israelische Militärsprecherin an.
Israels Regierungschef
Eine aus Rafah im südlichen Gazastreifen abgefeuerte Rakete habe das Haus in der Gemeinschaftssiedlung Mischmeret direkt getroffen, sagte die Armeesprecherin am Montag. Nach Angaben von Sanitätern wurden sieben Menschen verletzt. Darunter waren auch drei Kinder - ein Baby, ein dreijähriges Kleinkind und eine Zwölfjährige. Das Gebäude wurde bei dem Einschlag weitgehend zerstört.
Die Bundesregierung verurteilte den Angriff aufs Schärfste. "Angesichts der aktuellen Eskalation ist es essenziell, dass nun von allen Zurückhaltung geübt wird und die Gewalt endet", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Der Familienvater erzählte dem israelischen Fernsehen, die Familie sei nach dem Heulen der Alarmsirenen in einen Luftschutzraum gerannt. Nicht alle hätten es jedoch bis zum Einschlag geschafft. "Wir stehen alle unter Schock."
Politiker des rechten Lagers und der Opposition kritisierten, Netanjahu gehe nicht hart genug gegen die Hamas vor. Israels Energieminister Juval Steinitz, Mitglied von Netanjahus Sicherheitskabinett, sagte der Nachrichtenseite "ynet": "Es kann sein, dass die Hamas die Rakete absichtlich geschossen hat, um Regierungschef Netanjahu vor den Wahlen blosszustellen."
Die Partei Die Neue Rechte warf Netanjahu nach dem Raketenangriff eine Beschwichtigungspolitik im Gaza-Konflikt vor: "Man muss ehrlich sagen: Netanjahu ist gegenüber der Hamas gescheitert."
Dabei hatte Netanjahu vor dem Treffen mit Trump gerade einen aussenpolitischen Erfolg verzeichnen können. Der US-Präsident hatte am Donnerstag angekündigt, die Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet anzuerkennen. Es wurde damit gerechnet, dass er am Montag ein entsprechendes Dekret unterschreiben könnte. Trumps Vorstoss wurde in Israel als Trumps "Wahlgeschenk" an Netanjahu gesehen.
Kritik von arabischer Seite
Trumps Ankündigung zu den Golanhöhen wurde von Israel begeistert aufgenommen, jedoch insbesondere von arabischer Seite sowie von der Türkei und Russland kritisiert. Syrien wertete den Vorstoss als verantwortungslos.
Israel hatte die Golanhöhen, ein strategisch wichtiges Felsplateau oberhalb des Sees Genezareth, 1967 erobert und 1981 annektiert. Das wurde international aber nicht anerkannt.
Nach dem neuen Raketenangriff aus dem Gazastreifen will Israel zwei Brigaden - Infanterie und Panzer - in die Nähe des Palästinensergebiets verlegen. Ausserdem solle eine begrenzte Anzahl von Reservisten in verschiedenen Einheiten für spezifische Aufgaben einberufen werden, sagte eine Armeesprecherin. Es handele sich um eine von der im Gazastreifen herrschenden Hamas selbst hergestellte Rakete. Sie habe eine Reichweite von rund 120 Kilometern - das ist etwas weniger als die Entfernung von Berlin nach Magdeburg. "Wir sehen die Hamas als verantwortlich für alles, was im Gazastreifen passiert", so die Armeesprecherin.
Israel ordnete nach dem neuen Raketenangriff die Schliessung der Grenzübergänge in den Gazastreifen und die Einschränkung der Fischereizone vor der Küste an.
Mischmeret liegt rund 30 Kilometer nordöstlich der Küstenmetropole Tel Aviv. Zuletzt war während des Gaza-Kriegs 2014 eine Rakete so weit nördlich eingeschlagen. Das Geschoss schlug damals in der Küstenstadt Chadera ein, rund 120 Kilometer nördlich vom Gazastreifen. Am 14. März hatte es den ersten palästinensischen Raketenangriff auf Tel Aviv seit 2014 gegeben. Daraufhin hatte Israels Luftwaffe rund 100 Ziele in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer bombardiert. Damals hiess es, die beiden Geschosse seien versehentlich abgefeuert worden.
Die Hamas stand zuletzt auch intern stark unter Druck. Es kam zu Strassenprotesten gegen die harten Lebensumstände im Gazastreifen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte, die Hamas-Polizei sei brutal gegen die Demonstranten vorgegangen. Mehr als tausend Menschen seien in diesem Monat festgenommen worden. Die Proteste richteten sich unter anderem gegen Steuern, die Hamas erhebt, etwa auf Zigaretten und Lebensmittel. In dem Küstenstreifen leben rund zwei Millionen Menschen unter schwierigen Bedingungen. Es mangelt unter anderem an Trinkwasser und Strom.
Der palästinensische Politik-Experte Mustafa al-Sawaf in Gaza sagte: "Die Strassenproteste zeigen den Ernst der Lage im Gazastreifen, dass die Spannungen wegen der harten Bedingungen jederzeit explodieren könnten." Die Hamas habe aber nach seiner Einschätzung kein Interesse an einem neuen Krieg mit Israel.
Am Sonntagabend hatten israelische Panzer nach Armeeangaben Hamas-Posten in dem Palästinensergebiet beschossen. Militante Palästinenser hätten zuvor Flugkörper mit Sprengsätzen nach Israel geschickt und Soldaten an der Grenze mit Sprengsätzen beworfen.
Bei Konfrontationen an der Gaza-Grenze, die seit einem Jahr andauern, sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza mehr als 260 Palästinenser von israelischen Soldaten getötet und Tausende verletzt worden. Am ersten Jahrestag der Proteste, dem 30. März, wird mit neuen Grosskundgebungen gerechnet. Die Demonstranten fordern unter anderem ein Ende der 2006 verhängten Blockade des Gazastreifens, die Israel und Ägypten mit Sicherheitsinteressen rechtfertigen. Die Hamas wird von der EU, Israel und den USA als Terrororganisation eingestuft. © dpa
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