In vielen muslimischen Staaten Afrikas steht Homosexualität unter Strafe und wird als sexueller Missbrauch definiert. Aber bei weitem nicht nur dort. Auch in christlichen Ländern wird sie nicht selten als Fluch Gottes oder als Krankheit wahrgenommen.
Neuerdings macht das christliche und erzkonservative Uganda im Osten des Kontinents negativ auf sich aufmerksam. Dort könnte künftig eines der schärfsten Gesetze gegen sexuelle Minderheiten weltweit in Kraft treten. Durch das Gesetz drohen Menschen, die homosexuelle Handlungen ausführen, künftig zwischen sieben und zehn Jahre Haft. Zudem, so sieht es das neue Gesetz vor, sollen auch Personen, die Versuche homosexueller Handlungen nicht melden, mit Haft oder hohen Geldstrafen bestraft werden.
Auch Menschen, die wissentlich homosexuelle Menschen beherbergen, medizinisch versorgen oder ihnen Rechtsbeistand leisten, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. In "schweren" Fällen kann das Strafmass bis zur Todesstrafe reichen.
Verschärfungen der aktuellen Gesetzgebung
Das bedeutet noch einmal eine Verschärfung der aktuellen Gesetzgebung, die für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bereits hohe Haftstrafen vorsieht. Auch Menschen, die sich als bisexuell, transgender oder queer identifizieren, sind von dem neuen Gesetz betroffen. Es könnte künftig zu willkürlichen Kontrollen von Personen kommen, die von der Polizei als "homosexuell" eingestuft werden. Oder bei Verdachtsmomenten könnten sogar Hausdurchsuchungen stattfinden, heisst es einem Bericht der taz.
Westliche Staaten, allen voran die USA durch ihren Aussenminister Antony Blinken, verurteilen diesen Gesetzesvorschlag. Die neue Gesetzgebung würde "grundlegende Menschenrechte aller Ugander untergraben und könnte Errungenschaften im Kampf gegen HIV/Aids zunichtemachen", sagte Blinken "Al Jazeera" zufolge und forderte zugleich Uganda auf, die Umsetzung zu überdenken.
Bei der Verabschiedung im Parlament in der ugandischen Hauptstadt Kampala – es gab nach Berichten nur zwei Gegenstimmen – riefen die Abgeordneten immer wieder homophobe Kommentare, erklärt Kasha Jacqueline Nabagesera im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie ist Uganderin und setzt sich in ihrer Heimat für Menschenrechte ein. In der von ihr mitgegründeten Organisation "Freedom and Roam Uganda" (FARUG) kämpft sie seit vielen Jahren für eine Verbesserung der Situation von lesbischen und bisexuellen Frauen, Transgender und Intersex-Personen (LBTI) im Lande. Kein leichtes Unterfangen.
Für ihr jahrelanges Engagement im Kampf gegen Homophobie und für sexuelle Selbstbestimmung in Uganda wurde ihr im Jahre 2013 der Internationale Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg verliehen.
Vorheriges Gesetz scheiterte am Verfassungsgericht
"Ich bin in grosser Sorge, denn die Situation ist schlimmer als vor zehn Jahren", sagt sie. Damals versuchte die ugandische Politik bereits, das Gesetz gegen Homosexuelle und andere Minderheiten zu verschärfen. Letztlich scheiterte es am Verfassungsgericht.
Auch Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) meldet sich in der Angelegenheit zu Wort. Die Stadt beobachte die Entwicklung in Uganda mit Bestürzung und grosser Sorge, heisst es aus dem Nürnberger Rathaus.
Sollte auch der ugandische Präsident, der 78 Jahre alte und seit knapp 37 Jahren regierende Yoweri Museveni, dem Entwurf zustimmen und ihn unterzeichnen – was als sicher gilt, denn er hetzte zuletzt immer wieder gerne öffentlich gegen sexuelle Minderheiten –, tritt das Gesetz in Kraft. Mit diesem sollen "die inneren und äusseren Bedrohungen der traditionellen, heterosexuellen Familie" bekämpft werden.
Keine Geringere als die Frau des Präsidenten soll die Initiatorin des Anti-Homosexuellen-Gesetzes sein, heisst es in dem taz-Bericht dazu. Sie gelte als erzkonservative Anhängerin einer evangelikalen Kirche, die enge Verbindungen in den USA habe. Diese evangelikalen Kirchen haben seit vielen Jahren in Uganda enormen Zulauf. Die entsprechenden Zirkel, deren Ursprung und Zentrum in den USA liegt, seien seit jeher gegen Homosexualität und sexuelle Selbstbestimmung eingestellt.
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Glaube und Homosexualität in Uganda
Kirchen haben eine enorme Bedeutung für die strenggläubigen Menschen in Uganda – und nicht nur dort, sondern auf dem ganzen afrikanischen Kontinent. In Uganda bekennen sich 84 Prozent der Menschen zum Christentum, je zu einem Drittel sind sie anglikanisch oder katholisch. Am stärksten wachsen pfingstkirchliche, evangelikale und charismatische Gemeinden.
Was die Kirche propagiert und predigt, wird unkritisch angenommen und als wahr akzeptiert. Glaube und Religion sind in nahezu allen afrikanischen Ländern die einzige Hoffnung auf ein besseres Leben; auch im armen und instabilen Uganda.
Dort sind Kirche und Politik eng miteinander verwoben. Wenn ein christlich-fundamentalistischer Prediger, vorwiegend aus den vielen Pfingstkirchen, etwa Kondome ablehnt oder gegen sexuelle Minderheiten wettert, schliessen sich Politik und Medien seiner Ansicht an. So wird seit Jahrzehnten Stimmung gemacht und die in der Gesellschaft ohnehin schon weit verbreitete Homophobie geschürt.
Die Religionen sind entscheidend für die Ablehnung von Homosexuellen in Afrika. Ob Anglikaner, Muslime, die knapp 14 Prozent der Bevölkerung von Uganda ausmachen, oder Evangelikale: Die grosse Mehrheit der religiösen Oberhäupter Afrikas lehnt LGBTQ-Rechte strikt ab. Uganda ist nur ein Beispiel von vielen, wenn auch ein besonders radikales.
Die Homophobie in weiten Teilen Afrikas
Das Männerbild in Uganda ist laut Expertenansichten ebenso ein Grund für die Queer-Feindlichkeit und Homophobie wie das konservativ-traditionelle Weltbild, das von den teils reaktionären evangelikalen Kirchen und Gemeinden gepredigt wird. "Christliche Homosexuelle bewerten die paternalistischen Hierarchien in vielen Kirchen als Problem", schreibt etwa Dr. Rita Schäfer in einem Paper für die Heinrich-Böll-Stiftung.
Eine weitere Ursache für diese Homophobie liegt laut Marc Epprecht, Geschichtsprofessor an der Queen‘s University in Kingston und Afrika-Kenner, in der "ständigen Bildung neuer Verbände, die für sexuelle Rechte eintreten und lautstark den Status quo infrage stellen", schrieb er in einem 2013 veröffentlichten Aufsatz mit dem Titel "Die Wurzeln der Ressentiments". Zehn Jahre später bilden sich immer noch derartige Verbände, die nicht selten von selbstbewussten Feministinnen geführt werden. Sie sind nicht wenigen Männern ein Dorn im Auge. "Das schafft ein hohes Potenzial an gewaltsamen Gegenreaktionen und Selbstjustiz", so Epprecht.
Homophobie hat Wurzeln in der Vergangenheit
Die Homophobie in weiten Teilen Afrikas – es gibt natürlich auch progressive Kräfte auf dem Kontinent! – reicht bis in die koloniale Vergangenheit zurück. Die Europäer brachten das Christentum nach Afrika. Sie waren auch die ersten, denen Hass-Parolen nachgewiesen werden konnten, so Epprecht weiter in seinem Aufsatz. Ob der Islam auch gegen Homosexualität vorging, darauf geht Epprecht nicht weiter ein. Diese Vermutung ist aber nicht abwegig. Denn fest steht, dass viele muslimische Länder in Afrika Homosexualität kriminalisieren. Reichlich Belege hat Epprecht hingegen, die beweisen, dass "es in ganz Afrika gleichgeschlechtliche Sexualität gab, lange bevor Araber oder Europäer einen grossen Teil des Kontinents kolonisierten".
Die britischen Kolonialisten in Uganda hatten bereits 1950 Homosexualität offiziell unter Strafe gestellt. Die kolonialen Gesetze blieben nach der Unabhängigkeit Ugandas im Jahre 1962 erhalten und wurden immer wieder ausgeweitet und verschärft. Dies passt zur traditionellen und konservativen Lebensweise vieler Ugander, in der das Bewahren von übermittelten Werten und, aus westlicher Sicht, antiquierten Sichtweisen gepflegt wird.
Mehr als zwei Drittel der afrikanischen Staaten kriminalisiert Homosexualität. Die Afrikanische Union (AU) – das Pendant zur EU – verpasst es aber immer wieder, hier entschieden gegenzusteuern.
Für homosexuelle Menschen wird Uganda also immer mehr zur "No-Go-Area". Viele homosexuelle und andere Menschen sexueller Minderheiten wanderten aus Angst bereits vor Jahren aus. "In Uganda zu bleiben, käme einem Selbstmord gleich", sagt Menschenrechtsaktivistin Kasha Nabagesera, die sich derzeit in den USA befindet, aber bald wieder in ihre Heimat reise, um sich dort weiter für queere Menschen einzusetzen. "Wir werden im Kampf gegen Ungerechtigkeiten nicht aufgeben – und weiterkämpfen", sagt Nabagesera.
Verwendete Quellen:
- aljazeera.com: "Displaced twice: Gay Ugandans on the run face upheaval in Kenya"
- Presseanfrage an die Stadt Nürnberg vom 29. März 2023
- welt-sichten.org: "Welt-Sichten" - Magazin für globale Entwicklung und ökumenische Zusammenarbeit, "Die Wurzeln der Ressentiments", Marc Epprecht
- taz.de: "Mehrheit für Hass auf LGBTQ+"
- gwi-boell.de: Heinrich-Böll-Stiftung, "Homophobie in Uganda – ein Jahr nach der Ermordung von David Kato", Dr. Rita Schäfer
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