Donald Trump hat in einer Rede zum Widerstand gegen die Waffenpolitik seiner Kontrahentin Hillary Clinton aufgerufen. Nicht nur das Clinton-Lager sieht darin einen Aufruf zur Gewalt. Einige fordern gar die strafrechtliche Verfolgung des Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Wann wird eine Aussage eigentlich zur Straftat?
Donald Trump ist ein Provokateur. Mit beleidigenden Äusserungen gegen Frauen, Behinderte, Mexikaner oder Muslime hat der US-Präsidentschaftskandidat in den vergangenen Monaten mehrfach für Negativschlagzeilen gesorgt. Doch nach seiner jüngsten Aussage ist selbst in den USA die Empörung gross.
In einer Rede vor Unterstützern im Bundesstaat North Carolina warnte er, dass eine zukünftige Präsidentin
Auf Seiten der Demokraten wurde die Passage dagegen als indirekter Aufruf zur Gewalt interpretiert. Der frühere CIA-Direktor Michael Hayden erklärte dem US-Sender CNN: "Wenn irgendjemand sonst so etwas gesagt hätte, würde er auf dem Parkplatz in einem Polizeiauto sitzen und vom Secret Service befragt werden." Der demokratische Abgeordnete Eric Swalwell regte eine Untersuchung durch die Strafverfolgungsbehörden an. Doch vermutlich werden Trumps Worte ohne Folgen bleiben. Der Grund: In den USA sind die Grenzen der freien Meinungsäusserung viel weiter gefasst als in Deutschland.
Was versteht man unter "Hate Speech"?
Was hierzulande als Beleidigung, Verleumdung, Volksverhetzung oder als öffentlicher Aufruf zu einer Straftat geahndet würde, ist in den Vereinigten Staaten oft legal. Selbst Äusserungen, die eine Gruppe oder eine Person wegen ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder wegen einer Behinderung verunglimpfen oder zur Gewalt aufrufen ("Hate Speech"), werden in den USA kaum verfolgt. "Die meisten Amerikaner nehmen tagtäglich unglaublich viel Dreck in Kauf, um das Recht auf freie Meinungsäusserung zu schützen", schreibt der amerikanische Autor Eric T. Hansen auf Zeit Online. "Wir halten es für einen echten Grundpfeiler der Demokratie."
Ersichtlich wird die unterschiedliche Rechtspraxis am zögerlichen Löschen von Hasskommentaren im sozialen Netzwerk Facebook. Bundesjustizminister Heiko
Keine grenzenlose Meinungsfreiheit
Artikel 5 unseres Grundgesetzes schützt das Recht auf freie Meinungsäusserung ("Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äussern und zu verbreiten"). Nur: Die Meinungsäusserung darf keinen Straftatbestand erfüllen. Im Einzelfall ist die Abwägung durch die Gerichte nicht ganz einfach.
Wer seinen Nachbarn als "dummes Arschloch" beschimpft, hat zwar seine subjektive Meinung geäussert, sich zugleich aber einer Beleidigung schuldig gemacht. Wer schreibt, "Israel muss liquidiert werden", kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen, sondern muss mit einer Anzeige wegen des öffentlichen Aufrufs zu Straftaten rechnen. Nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind auch Tatsachenbehauptungen, wenn sich diese als falsch erweisen ("Mein Nachbar schlägt sein Kind").
Allerdings ist die Abgrenzung von Meinung und Tatsachenbehauptung nicht immer einfach. So wurde beispielsweise die Aussage "Soldaten sind Mörder" vom Bundesverfassungsgericht als freie Meinungsäusserung gebilligt. "Nach dem Grundgesetz kann jeder Quatsch eine geschützte Meinung sein", schreibt der Jurist Volker Kitz auf "Spiegel Online".
Verrohung im Internet nimmt zu
Gerade im Internet haben Hasskommentare seit Beginn der Flüchtlingskrise deutlich zugenommen, von rechts und von links. 3.084 Straftaten stellten die Sicherheitsbehörden 2015 fest – fast dreimal so viele wie im Jahr zuvor. Pegida-Chef Lutz Bachmann nannte Flüchtlinge 2014 in einem später gelöschten Facebook-Eintrag "Gelumpe", "Viehzeug" und "Dreckspack". Dafür verurteilte ihn ein Gericht im Mai wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von knapp 10.000 Euro.
Auch andere Hetzer wurden in der jüngeren Vergangenheit zur Rechenschaft gezogen. Nach bundesweiten Razzien wurden im Juli rund 60 Personen verhaftet. "Wir müssen einer Verrohung der Sprache Einhalt gebieten und strafbare Inhalte konsequent verfolgen", erklärte Holger Münch, der Präsident des Bundeskriminalamtes. Die Behörden wollten zudem klar machen: Im Internet gelten keine anderen Regeln als in der realen Welt.
Justizminister Maas hält an seinem Ziel festhält, Hass-Postings im Netz binnen 24 Stunden löschen zu lassen. "Häufig bleibt es nicht bei Hassreden, oft sind Worte die Vorstufe von Taten", erklärt der SPD-Politiker. Aus geistiger Brandstiftung, so Maas, werde "viel zu oft Gewalt".
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