Wegen seiner Beraterfunktion bei dem Fleischkonzern Tönnies muss Sigmar Gabriel viel Kritik einstecken - auch aus den Reihen der SPD. Laut seinen Parteikollegen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans war seine Tätigkeit bei dem Konzern zwar rechtens, eines "aufrechten Sozialdemokraten" aber nicht würdig.
Der ehemalige SPD-Vorsitzende
10.000 Euro Monatsgehalt für Gabriels Beraterfunktion bei Tönnies
Über Gabriels Beratertätigkeit für Tönnies hatte zuerst das ARD-Magazin "Panorama" berichtet. Der frühere Bundeswirtschaftsminister war demnach vom vergangenen März bis Ende Mai für den Konzern tätig. Laut "Panorama" erhielt Gabriel offenbar ein Pauschalhonorar von 10.000 Euro im Monat sowie ein zusätzliches vierstelliges Honorar für jeden Reisetag.
Gabriel sagte dazu dem "Spiegel", er könne an dem Beratungsverhältnis mit einem grossen Arbeitgeber "nichts Problematisches erkennen". "Tönnies macht nichts Verbotenes. Wozu machen wir eine Cooling Down Phase, in der man als Ex-Politiker nichts machen darf, wenn man danach noch so behandelt wird, als sei man im Amt?"
Gabriel verteidigte auch das von Tönnies gezahlte Gehalt in Höhe von angeblich 10.000 Euro monatlich. "Für normale Menschen sind 10.000 Euro viel Geld", sagte der frühere Bundeswirtschaftsminister. "Aber in der Branche ist das kein besonders hoher Betrag. Ich bin kein Politiker mehr." Gabriel betonte, er habe die Tätigkeit für Tönnies "nicht als Lobbyarbeit begriffen" und tue dies auch heute noch nicht.
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Gabriel, Tönnies habe ihn zwei Jahre nach seiner Ministertätigkeit angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt sei er auch nicht mehr Mitglied des Bundestags gewesen. Es gebe daher weder ein rechtliches Problem noch einen Interessenkonflikt.
Niedersachsens SPD-Chef
Auch Nordrhein-Westfalens SPD-Chef Sebastian Hartmann sagte dem RND, Gabriels Engagement als Tönnies-Berater widerspreche sozialdemokratischen Werten und sei angesichts "seines Wissens um und seine vorherige Kritik an den unsäglichen Arbeitsbedingungen völlig inakzeptabel".
Esken und Walter-Borjans: Gabriel sei "keine Rechenschaft schuldig"
Gabriel wies die Kritik von Esken und Walter-Borjans scharf zurück. "Mich wundert das nicht. So sind sie halt", sagte Gabriel dem "Spiegel". "Beide gehören auch zu denen, die heute laut Kritik üben, sich damals aber keinen Deut um die Fleischindustrie gekümmert haben. Ich kann das nicht wirklich ernst nehmen."
Linkenchef Bernd Riexinger warf Gabriel im RND vor, dieser habe "keine Skrupel, als Sozialdemokrat für einen der grössten Ausbeuter zu arbeiten". "Es passt auch ins Bild, dass man von ihm nichts gehört hat zu Werkverträgen und zur Vernachlässigung von Schutzbestimmungen." (afp/dar)
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