Am 3. April 2020 wäre Helmut Kohl 90 Jahre alt geworden. Vor drei Jahren verstarb der ehemalige Bundeskanzler in seinem Haus in Oggersheim. Seine politischen Vermächtnisse leben aber weiter: In seiner 16 Jahre währenden Amtszeit als Bundeskanzler erzielte Kohl mit der deutschen Wiedervereinigung und der Einführung des Euro historische Verdienste. Aber auch Kohls Karriere ist nicht frei von Schatten.

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Der Platz in den Geschichtsbüchern war ihm schon zu Lebzeiten sicher: Als "Kanzler der Einheit" lernten Schüler Alt-Kanzler Helmut Kohl bereits in den 90ern kennen. Am 3. April wäre der sechste Bundeskanzler Deutschlands 90 Jahre alt geworden. Anlässlich seines Geburtstages blicken wir auf die sechs wichtigsten politischen Vermächtnisse, die Kohl hinterlassen hat.

1. Kanzler mit der längsten Amtszeit

Schon der Weg, auf dem Helmut Kohl an die Macht kam, war bis dahin ungesehen. Der damals 52-Jährige wurde nicht durch eine Bundestagswahl zum Kanzler, sondern durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegenüber der Regierung unter Helmut Schmidt. Bei den vorgezogenen Bundestagswahlen 1982 wurde Kohl im Amt bestätigt, wie auch 87, 90 und 94. 16 Jahre hielt sich der gebürtige Rheinland-Pfälzer an der Macht – so lange wie niemand vor und niemand nach ihm. Angela Merkel hätte jedoch gute Chancen, mit ihm gleichzuziehen: Sie ist seit November 2005 Bundeskanzlerin.

2. Umformung der CDU in eine Mitgliederpartei

Als Helmut Kohl 1973 den Vorsitz der CDU übernahm, war die Partei besser als "Kanzlerwahlverein" bekannt. Innerparteiliche Diskussionen über politische Programme? Fehlanzeige. Hauptsache, die CDU stellte den Bundeskanzler. Die Partei zählte damals relativ wenige Mitglieder, viele davon waren Honoratioren, also einzelne Bürger mit hohem Ansehen. Kohl, in der Partei auch bekannt als "junger Wilder", änderte das: Er formte die CDU von einer Wähler- zu einer Mitgliederpartei um. Zuvor hatten innerparteiliche Widerstände den Umbau verhindert.

Zwischen 1973 und 1977 erhöhte sich die Mitgliederzahl von rund 450.000 auf mehr als 650.000 – darunter auch vermehrt Frauen und junge Menschen. Kohl charakterisierte diesen Typus der "offenen Volkspartei" 1977 in Düsseldorf mit der Fähigkeit, "miteinander zu sprechen, zu diskutieren, andere Meinungen zu ertragen, aber auch ein gemeinsames Ergebnis zu erarbeiten und durchzusetzen".

3. Helmut Kohl: Kanzler der Einheit

Anzugträger, Pilotenbrille, rheinland-pfälzischer Dialekt, Spitzname "Birne" – so werden viele Helmut Kohl in Erinnerung behalten haben. Das wohl wichtigste Merkmal, das ihm zugeschrieben wird, ist jedoch der Titel "Kanzler der Einheit". Als er 1982 sein Amt als Bundeskanzler antrat, zählten zu seinen wichtigsten innenpolitischen Zielen der Abbau der hohen Arbeitslosigkeit, eine Steuerreform und das Ankurbeln der Wirtschaft. Aber auch eine mögliche Wiedervereinigung stand für ihn stets auf der Agenda.

Er führte die Entspannungspolitik mit dem Ostblock fort und vertiefte die transatlantischen Beziehungen. Als sich Ende der 80er Jahre die Chance zur deutschen Wiedervereinigung ergab, ergriff Kohl sie: Michail Gorbatschow hatte in der Sowjetunion unter den Stichworten "Glasnost" (Offenheit) und "Perestroika" (Erneuerung) eine Reformpolitik eingeleitet – die DDR-Bürger forderten kurz darauf ebenfalls mehr Freiheiten. 1989 fiel die Mauer, aber die Massendemonstrationen hielten an. Kohl hörte den Ruf nach einem vereinigten Deutschland und legte dem Bundestag einen Zehn-Punkte-Plan vor. Aussenpolitisch verhandelte der Alt-Kanzler mit den USA und der UdSSR – und erreichte in Gesprächen mit Gorbatschow, dass das wiedervereinigte Deutschland Teil der NATO bleiben kann. Am 3. Oktober 1990 war es so weit: DDR und BRD wurden wiedervereinigt. Kohl versprach fortan "blühende Landschaften".

4. Wegbereiter Europas

Die Vereinigung Deutschlands erfolgte im Zeichen der europäischen Vereinigung. Denn die deutsche Einheit war für Kohl stets untrennbar mit einem weiteren Ziel verbunden: der europäischen Einigung und der Integration Deutschlands in den Westen. Kohl war der erste Kanzler, der den Zweiten Weltkrieg nur noch als Kind und Teenager erlebte, sein Bruder war aber im Krieg gefallen – was Kohl zu einem starken Befürworter eines geeinten Europas machte. Genau dahin führte und verankerte Kohl Deutschland.

So setzte er sich besonders in den 90er Jahren für eine Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union ein und erzielt einen wegweisenden politischen Erfolg: Eine gemeinsame europäische Währung. Zwar erlebte er die Einführung des Euro als Bargeld im Jahr 2002 nicht mehr aus der Rolle des Kanzlers mit, als einer der "Väter" des Euros gilt er dennoch. Auch das Schengen-Abkommen zum schrittweisen Abbau der Personenkontrollen an den Binnengrenzen ist auf seine Politik zurückzuführen. Dafür wurde er sogar als "Ehrenbürger Europas" ausgezeichnet.

5. Moderne Sozial- und Gesundheitspolitik

Eine Reihe sozial- und gesundheitspolitischer Reformen, die bis heute nachwirken, gehen auf Kohls Konto: So wurde unter ihm 1994 die Pflegeversicherung eingeführt, mit der Pflegebedürftige und ihre Angehörigen seither finanzielle Unterstützung erhalten.

Auch der Erziehungsurlaub (heute Elternzeit) sowie die Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sind Kohl zu verdanken. Und auch der Solidarpakt, der nach der Wiedervereinigung beschlossen wurde und eine Angleichung zwischen den Lebensverhältnissen in den ost- und westdeutschen Bundesländern sichern sollte, wirkt bis heute nach.

6. CDU-Spendenaffäre

Die historischen Verdienste von Helmut Kohl mögen noch so geschichtsträchtig sein – unverblümt glänzen können sie nicht. Ihnen steht Schuld gegenüber; gemeint ist der CDU-Spendenskandal. Aufgedeckt wurde das Geschäft mit den schwarzen Kassen und der innerparteilichen Bestechung zwar erst nach seiner Amtszeit im November 1999 - das Ansehen des Alt-Kanzlers litt aber stark.

Im Zuge der Schwarzgeldaffäre kam ans Licht, dass Kohl sich illegaler Mittel bedient hatte, um politische Gunst innerhalb der Partei zu gewinnen. Dafür hatte er mehr als zwei Millionen DM verdeckter Parteispenden an den Büchern der CDU vorbei angenommen und verteilt. Innerparteilicher Zwist folgte, auch Wolfgang Schäuble geriet in Bedrängnis. Eine Krise in der Partei, die Angela Merkel den Weg ebnete.

Verwendete Quellen:

  • www.kas.de: Geschichte der CDU
  • bundeskanzlerin.de: Helmut Kohl
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