Auch die Schweiz machte sich im Zweiten Weltkrieg schuldig. swissinfo.ch blickt am Holocaust-Gedenktag zurück auf die fragliche Politik der Schweiz gegenüber Juden, die der Verfolgung durch die Nationalsozialisten entkommen wollten.
Am 27. Januar 1945 hat die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit anfangs der 2000er-Jahre und auf Geheiss der UNO wird an diesem Tag den sechs Millionen Juden gedacht, die während des Zweiten Weltkriegs getötet wurden.
Unter Berufung auf das Bankgeheimnis, weigerten sich Schweizer Banken nach dem Krieg, Angaben über nachrichtenlose Konten von Holocaust-Opfern zu veröffentlichen. Als der Druck der USA und jüdischer Organisationen immer grösser wurde, setzte die Regierung Mitte der 1990er-Jahre schliesslich eine unabhängige Expertenkommission unter der Leitung des Historikers Jean-François Bergier ein. Ihre Aufgabe war es, das Verhalten der Schweiz während der Kriegszeit zu untersuchen. Die Kommission nahm die Arbeit 1996 auf.
Juden in den Tod zurückgeschickt
Nach fast fünf Jahren kamen die Experten zum Schluss, dass Schweizer Beamte dem Nazi-Regime geholfen haben, seine Ziele zu erreichen, indem sie die Landesgrenzen für Tausende von jüdischen Flüchtlingen schlossen und sie so praktisch in den sicheren Tod zurückschickten.
Während des Krieges überquerten rund 300'000 Menschen die Grenzen der von den Nazis besetzten Ländern. Von den zivilen Flüchtlingen waren etwa 30'000 Juden. Schätzungsweise 24'500 Zivilisten – vor allem Juden – wurden abgewiesen.
Die Kommission relativierte die These, wonach die Behördenmassnahmen gegen die Flüchtlinge durch die Isolation des Landes inmitten eines von den Nazis besetzten Europas diktiert worden seien.
Sie kam zum Schluss, dass die Schweiz 1942 sich aus rassentheoretischen Überlegungen dazu entschloss, ihre Grenzen ganz zu schliessen.
Förmliche Entschuldigung von Schweizer Seite
Die Schweizer Regierung begrüsste den Bericht und wiederholte 1999 eine erstmals 1995 ausgesprochene förmliche Entschuldigung gegenüber dem jüdischen Volk.
1998 schlossen die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse mit dem World Jewish Congress einen Vergleich. Die Banken verpflichteten sich in diesem in den USA eingereichten Gerichtsverfahren umgerechnet 1,16 Milliarden Franken an Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen auszuzahlen.
Davon waren 770 Millionen Franken für Personen vorgesehen, deren Gelder nach dem Krieg auf Konten in der Schweiz liegengeblieben waren. 409 Millionen Franken waren bestimmt für Holocaust-Überlebende, an der Schweizer Grenze abgewiesene Flüchtlinge und Zwangsarbeiter. © swissinfo.ch
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