Der Asylstreit in der Union eskaliert in einer handfesten Regierungskrise in Deutschland. Zunächst hiess es, Bundesinnenminister Horst Seehofer habe in der CSU-Fraktion seinen Rücktritt angeboten, der von Alexander Dobrindt abgelehnt worden war. In der Nacht wurde dann bekannt, dass Seehofer seinen Rücktritt von einem Einlenken der CDU am Montag abhängig machen würde. Unterdessen wurde sein sogenannter "Masterplan Migration" noch in der Nacht auf Montag von der CSU abgesegnet. Die Entwicklung der Ereignisse im chronologischen Überblick.

Mehr aktuelle News

  • Eintrag 01:12 Uhr: Horst Seehofer erklärt Rücktritt unter Vorbehalt
  • Eintrag 01:00 Uhr: Horst Seehofer berät im kleinen Kreis - CDU vertagt eigene Asyl-Gespräche
  • Eintrag 23:02 Uhr: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lehnt Rücktritt ab


02:59 Uhr: Seehofer bezeichnet Gespräch mit Merkel als "Zwischenschritt"

Seehofer sagte am frühen Montagmorgen in München: "Ich habe ja gesagt, dass ich beide Ämter zur Verfügung stelle, dass ich das in den nächsten drei Tagen vollziehe."

Als "Zwischenschritt" werde man an diesem Montag aber ein Gespräch mit der CDU führen, "in der Hoffnung, dass wir uns verständigen".

"Alles Weitere wird dann entschieden." Das Gesprächsangebot sei ein Entgegenkommen von ihm an die Kanzlerin und die CDU. "Sonst wäre das heute endgültig gewesen."

01:30 Uhr: Seehofer spielt den Ball zurück an Merkel

CSU-Chef Horst Seehofer will nach Angaben aus der CSU am Montag einen letzten Klärungsversuch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unternehmen.

Es werde dabei ausschliesslich um die inhaltliche Frage gehen, ob doch noch ein Kompromiss im Flüchtlingsstreit möglich sei, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke in der Nacht der Nachrichtenagentur AFP. Vom Ausgang des Gesprächs wolle Seehofer seine persönliche Zukunft abhängig machen.

Experten bezweifeln, dass die CDU unter Kanzlerin Merkel von ihrer Linie abweichen wird - unter diesen Vorzeichen gilt der angekündigte Rücktritt Seehofers als unausweichlich.

Auch andere CSU-Politiker bestätigten den Plan für einen neuen Versuch, zu einem Kompromiss zu kommen. Es solle dabei in einer grösseren Runde verhandelt werden, hiess es.

Auch der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, werde beteiligt sein. Zum Abschluss ihrer Sitzung stimmte die CSU demnach in der Nacht dem umstrittenen "Masterplan" Seehofers zur Migration zu.

Zuvor hatte sich bereits der CDU-Bundesvorstand auf Montagmorgen vertagt. Die CDU hatte am Abend auf offizielle Äusserungen nach der CSU-Sitzung zum Asylstreit gewartet, die aber zunächst ausblieben.

In der fast achtstündigen CSU-Sitzung hatte Seehofer laut Teilnehmern seinen Rücktritt angeboten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wollte dies demnach aber nicht akzeptieren.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht die CDU im erbitterten Asylstreit der Unionsparteien unterdessen nicht in der Bringschuld.

"Wir sind mit uns im Reinen", sagte der CDU-Politiker nach einer fast achtstündigen Sitzung der CDU-Gremien in der Nacht zum Montag in Berlin. "Wir haben alles getan, um Brücken zu bauen, und wir werden alles tun, damit die Union zusammenbleibt."

01:12 Uhr: Seehofers Rücktritt unter Vorbehalt

Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer macht seine politische Zukunft von einem Einlenken der CDU im Asylstreit abhängig. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am frühen Montagmorgen von Teilnehmern einer CSU-Vorstandssitzung in München.

An diesem Montag will die CSU demnach ein Spitzengespräch mit der CDU führen, danach will sich Seehofer entscheiden, ob er seine Ankündigung wahr macht und tatsächlich von allen Ämtern zurücktritt.

01:00 Uhr: CDU bricht ab - Rätselraten um Seehofer

Die CDU-Spitze hat ihre Beratungen über eine Lösung im verfahrenen Asylstreit mit der CSU auf Montag vertagt. Die Gespräche würden am Morgen um 8.30 Uhr fortgesetzt, teilte eine Parteisprecherin am frühen Montagmorgen in Berlin mit.

Möglicherweise ist dann auch schon klar, mit welchem innenpolitischen Status quo man sich dann befassen muss.

Denn aktuell ist auch die Fraktionssitzung der CSU unterbrochen. Das bedeutet aber nicht Nachtruhe für alle - im Gegenteil: Im Moment soll Horst Seehofer im kleinen Kreis der CSU-Spitze über seinen Rücktritt sprechen. Auf Akzeptanz stösst dieser in der eigenen Partei dem Vernehmen nach schliesslich nicht.

00:53 Uhr: Warten, warten, warten - CSU bearbeitet Seehofer

Nur eines ist aktuell sicher: Gesicherte Informationen gibt es nicht. Vereinzelt werden aus Fraktionskreisen von CDU und CSU Hinweise durchgestochen. Offiziell bestätigt sind diese aber nicht und insofern mit Vorsicht zu geniessen.

Dass Horst Seehofer in der Fraktionssitzung seinen Rücktritt angeboten haben soll, gilt zwar in der Tat als sicher. Doch darüber hinaus bleibt vieles im Unklaren. Immer noch warten wir auf die eigentlich für 18 Uhr am Sonntag (!) angekündigte Erklärung Seehofers.

Diese war sukzessive auf 23 Uhr verschoben worden. Nun berichtet der Korrespondent des "Münchner Merkur", dass sich die Pressekonferenz bis in die frühen Morgenstunden verschieben könnte, da die CSU-Fraktion - allen voran Alexander Dobrindt - versucht, Horst Seehofer vom Rücktritt abzubringen.

00:24 Uhr: Seehofer skizzierte drei Handlungsoptionen

Vor seinem Rücktrittsangebot hat Seehofer am Sonntag drei Handlungsoptionen für sich skizziert. Diese gingen vom Aufgeben der CSU-Positionen über Härte gegenüber der Schwesterpartei CDU bis zum Rücktrittsangebot, wie aus einem Tweet des CSU-Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz hervorgeht.

Lenz schrieb mit den Worten "so hab ich das notiert" bei Twitter, als erste Option habe Seehofer genannt, die Forderungen der CSU aufzugeben. Als zweite Option dann habe er seine Handlungsoptionen als Bundesinnenminister benannt.

Die dritte Option sei das Angebot des Rücktritts als Bundesinnenminister und Parteivorsitzender gewesen. Lenz ist damit auch der erste CSU-Politiker, der das Rücktrittsangebot direkt bestätigte.

00:20 Uhr: Seehofer bemängelt offenbar fehlenden Rückhalt in der CSU

"Spiegel Online" bezieht sich auf Angaben von Teilnehmern der CSU-Vorstandssitzung und berichtet, dass Horst Seehofer als Grund für sein Rücktrittsangebot den fehlenden Rückhalt innerhalb der CSU angab.

In der Sitzung der Spitzengremien habe er nicht die volle Geschlossenheit erhalten, sagte der Parteivorsitzende. Diese sei in der Auseinandersetzung mit Merkel aber nötig. Er soll sich immer noch in der CSU-Zentrale aufhalten.

00:10 Uhr: Thüringens CDU-Chef stimmt nicht für Beschluss des Parteivorstands

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring hat am Sonntagabend nicht für den vom CDU-Bundesvorstand gefassten Beschluss gestimmt. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Teilnehmerkreisen.

Mohring hatte zuvor am Rande der Sitzung des CDU-Bundesvorstands die Ergebnisse des EU-Gipfels zur Migration noch als "Durchbruch bezeichnet. "Noch nie gab es so konkrete Vereinbarungen" der EU-Mitgliedstaaten, um Migration zu steuern und zu begrenzen, sagte er dem Mitteldeutschen Rundfunk.

Nun müssten sich die Unionsparteien in dem Streit um Zurückweisungen an der Grenze verständigen. "Ich finde, ein Bruch der Unionsparteien ist keine Option, das müssen sich auch alle heute Abend oder heute Nacht bewusst sein", sagte Mohring.

23:59 Uhr: Merkel hebt Bedeutung von Abkommen hervor

Kanzlerin Angela Merkel hat in der Sitzung des CDU-Parteivorstands die Bedeutung des geplanten Rückkehrmechanismus mit Griechenland betont. Das Abkommen werde praktisch eine Zurückweisung der von dort kommenden sogenannten Dublin-Flüchtlinge mit einer Registrierung in der EU bedeuten, sagte Merkel nach Informationen der dpa aus Teilnehmerkreisen am späten Sonntagabend.

Die in Griechenland registrierten Migranten machten rund 70 Prozent der Menschen aus, die nach Deutschland kämen, um dort ein erneutes Verfahren zu beantragen, machte sie demnach deutlich.

23:16 Uhr: CDU unterbricht ebenfalls ihre Sitzung

Die CDU hat nach dem Paukenschlag Seehofers ihre Sitzung ebenso vorerst unterbrochen.

23:06 Uhr: CSU-Vorstand unterbricht Sitzung nach Seehofers Rücktrittsankündigung

Die CSU-Vorstandssitzung ist am Sonntagabend zunächst unterbrochen worden. Wie lange die seit fast acht Stunden andauernde Gremiensitzung pausiert, war zunächst unklar.

23:02 Uhr: Dobrindt akzeptiert Seehofers Rücktrittsankündigung nicht

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will das Rücktrittsangebot von Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer nicht hinnehmen. "Das ist eine Entscheidung, die ich so nicht akzeptieren kann", sagte er nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung des CSU-Vorstands.

Dobrindt habe dafür lang anhaltenden Applaus erhalten. Letztlich habe die Uneinsichtigkeit der Kanzlerin die CSU in die jetzige Situation gebracht.

22:57 Uhr: CDU betont Unterstützung Merkels für europäische Asyllösungen

Die CDU-Spitze hat unmittelbar nach dem Bekanntwerden von Seehofers Rückzugsangebot die Unterstützung für den europäischen Kurs der Kanzlerin in der Asylpolitik betont. Einseitige Zurückweisungen von Migranten seien das falsche Signal an die europäischen Gesprächspartner, sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am späten Sonntagabend in Berlin.

22:45 Uhr: Kreise: Seehofer will Parteivorsitz und Ministeramt abgeben

Im erbitterten Asyl-Streit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer beide Ämter aufgeben. Das sagte er in einer CSU-Vorstandssitzung in München, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Seehofer ist erst seit knapp 100 Tagen in der neuen grossen Koalition Bundesinnenminister, seit 2008 ist er CSU-Chef.

Zuvor hatte der CSU-Vorstand mehr als sieben Stunden lang über die Konsequenzen der CSU im Asylstreit mit der CDU diskutiert. Dabei hatten Seehofer und seine Parteifreunde sich mehrheitlich gegen die Beschlüsse des EU-Gipfels und für einen nationalen Eingang ausgesprochen.

Mit Material der dpa und AFP
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.