Der gestiegene Druck auf Horst Seehofer hat Folgen: Der Innenminister hat sich von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maassen getrennt. Aber ist die Sache für ihn damit ausgestanden?
Bundesinnenminister
Äusserungen in Maassens Rede "inakzeptabel"
Seehofer sagte am Montag in Berlin zur Begründung, das am Vortag öffentlich bekannt gewordene Manuskript einer Abschiedsrede Maassens enthalte "inakzeptable Formulierungen". Aus diesem Grund sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich.
Seehofer nannte in diesem Zusammenhang die Äusserung Maassens über linksradikale Kräfte in der SPD. Dies sei eine Grenzüberschreitung. Natürlich sei er in diesem Zusammenhang auch "ein Stück weit menschlich enttäuscht".
Bis zur förmlichen Entscheidung des Bundespräsidenten über die Versetzung sei der Verfassungsschutzpräsident von seinen Aufgaben entbunden, sagte Seehofer.
Maassens bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang soll nach Angaben des Innenministers vorläufig die Aufgaben des Präsidenten übernehmen, bis zeitnah über die Nachfolge entschieden werde, hiess es weiter.
Manuskript mit kritischen Formulierungen
Hintergrund ist eine Abschiedsrede Maassens vor internationalem Geheimdienst-Publikum, in der er von teilweise linksradikalen Kräften bei den Sozialdemokraten gesprochen hatte.
"Vor diesem Hintergrund ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von ihm mit mir, aber auch mit allen Beteiligten in welcher Funktion auch immer nicht mehr möglich", sagte Seehofer. Die Entscheidung sei auch als Signal zu verstehen, die "sachorientierte Arbeit der Koalition zu unterstützen und voranzutreiben".
Maassen hatte am 18. Oktober vor europäischen Kollegen in Warschau erklärt, seine Äusserungen zu den Vorfällen Ende August in Chemnitz seien für diese linksradikalen Kräfte in der SPD willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der grossen Koalition zu provozieren. Seehofer sagte, er habe vom Inhalt der Rede an diesem Freitag erfahren.
In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mutmasslich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu Protesten und rechtsextremistischen Übergriffen. Maassen bezweifelte damals die Echtheit eines Videos, das eine ausländerfeindliche Attacke auf Migranten zeigt. In seiner Rede in Warschau bekräftigte er nun diese Einschätzung.
In dem Redemanuskript Maassens, das der dpa und anderen Medien vorlag, heisst es unter anderem: "Ich habe bereits viel an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation erlebt. Dass aber Politiker und Medien 'Hetzjagden' frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland."
Er habe lediglich klargestellt, dass es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Chemnitz keine derartigen rechtsextremistischen Hetzjagden gegeben habe.
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich im September zunächst darauf verständigt, dass Maassen wegen seiner umstrittenen Äusserungen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte.
Nach einer Welle der Empörung beschlossen sie dann, dass der 55-Jährige im Innenministerium im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig sein sollte. (ank/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.