Im Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten könnte es nun doch zur Vernehmung neuer Zeugen kommen. Besonders Donald Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton steht dabei im Fokus. Er ist aber nicht der einzige potenzielle weitere Zeuge im "Impeachment"-Prozess. Wer könnte noch gegen oder für Trump aussagen?
Theoretisch könnte das Amtsenthebungsverfahren gegen
John Bolton ist als Zeuge mittlerweile ins Zentrum des Interesses der Demokraten gerückt. Doch der ehemalige Sicherheitsberater Trumps wäre nicht der einzige neue Zeuge im Impeachment-Verfahren. Wer könnte vor dem Senat, der im Impeachment-Verfahren als Gericht fungiert, noch aussagen?
John Bolton: Vom Gefährten zum Gegenspieler
Der frühere Sicherheitsberater des Präsidenten gilt in Washington aussenpolitisch als konservativer Hardliner. Bolton arbeitete schon in den 80ern und 90ern für die Präsidenten Ronald Reagan und George Bush senior. In der Amtszeit von George Bush junior galt er als Architekt des Irak-Kriegs 2003 und war 2005 und 2006 US-Botschafter bei den Vereinten Nationen.
2018 ernannte Donald Trump den heute 71-Jährigen zu seinem Nationalen Sicherheitsberater. Dass Trump den Abrüstungsvertrag INF und das Atomabkommen mit dem Iran kündigte und damit internationale Partner brüskierte, wird auch Boltons Wirken zugeschrieben.
Doch mit dem freundlichen Kurs des US-Präsidenten gegenüber dem nordkoreanischen Diktator
Bolton hat sich bereit erklärt, im Senat auszusagen. Die oppositionellen Demokraten erhoffen sich vom früheren Insider eine Antwort auf die zentrale Frage des Amtsenthebungsverfahrens: Hat Trump den ukrainischen Präsidenten
Die "New York Times" berichtet aus dem Manuskript eines noch nicht veröffentlichten Buchs von Bolton. Darin schreibt er, dass das alles durchaus der Fall war. Damit würde Bolton im Amtsenthebungsverfahren zu einem enormen Risiko für Trump werden. Ein Grund, weswegen das Weisse Haus gegen eine Veröffentlichung des Buches vorgeht. Das zentrale Argument lautet: Boltons Manuskript enthalte "bedeutende Mengen geheimer Informationen".
Mick Mulvaney: Der Stabschef als Kronzeuge?
Der Stabschef im Weissen Haus lässt sich mit dem Kanzleramtsminister in der deutschen Regierung vergleichen: Bei ihm laufen die Fäden der Machtzentrale zusammen. Nach Einschätzung des Polit-Magazins Politico ist deshalb Mick Mulvaney der eigentliche Kronzeuge für die Demokraten.
Der Anwalt zog 2011 für die Republikaner ins Repräsentantenhaus ein und galt dort als Vertreter der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung. Anfang 2019 wurde er Stabschef im Weissen Haus – schon der dritte in Trumps Amtszeit. Im Oktober bestätigte er zunächst, dass die Regierung Militärhilfen an die Ukraine als Druckmittel zurückgehalten habe. Kurz danach rückte er davon wieder ab.
Mulvaney wäre aus Trumps Sicht wohl ein unangenehmer Zeuge. Dass der Stabschef im Amtsenthebungsverfahren aussagt, ist derzeit aber unwahrscheinlich. Als die Demokraten ihn im November 2019 im Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses vernehmen wollten, ignorierte er die Vorladung. Das Weisse Haus kann sich im Impeachment-Verfahren auf das "Executive Privilege" berufen: Es gibt der US-Regierung das Recht, vertrauliche Informationen zurückzuhalten und zum Beispiel Vorladungen vor Gericht abzulehnen.
Mike Pompeo: Der Chef-Diplomat als möglicher Mitwisser
Als Donald Trump am 25. Juli 2019 das folgenreiche Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten führte, soll sein Aussenminister Mike Pompeo mitgehört haben. Der frühere Direktor des Auslandsgeheimdienstes CIA zog im April 2018 ins "State Department" ein. Als Aussenminister ist er klar auf Trumps Linie: Das Atomabkommen mit dem Iran bezeichnete er als "desaströs", schon als CIA-Chef ebnete er dagegen den Weg zu Gesprächen mit Nordkorea.
Der frühere US-Botschafter bei der Europäischen Union, Gordon Sondland, ist der Meinung, dass Pompeo über die Vorgänge in der Ukraine-Angelegenheit auf dem Laufenden war. Der frühere Bundesermittler Michael J. Stern sagte dem Magazin Newsweek, wenn Pompeo wahrheitsgemäss aussage, könne das für Trump sehr gefährlich werden. Wie Mulvaney hat aber auch Pompeo eine Aussage bisher abgelehnt.
Hunter Biden: Die Rache der Republikaner
Wenn die Demokraten Zeugen wie Bolton, Mulvaney und Pompeo vorladen wollen, könnten die Republikaner im Gegenzug Hunter Biden vor den Senat zitieren: den Sohn des früheren Vize-Präsidenten und möglichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. Auch eine Vorladung von Joe Biden selbst ist im Gespräch.
Der Anwalt und Unternehmer Hunter Biden wurde 2014 in den Aufsichtsrat des ukrainischen Gasproduzenten Burisma berufen. Sein Vater war damals US-Vizepräsident und in der Obama-Regierung für den Ukraine-Konflikt verantwortlich. Dieser Umstand nährte bei Republikanern den Verdacht der Korruption: Wollte sich das Unternehmen Zugang zu den Mächtigen im Weissen Haus verschaffen? Hunter Biden soll pro Monat 50.000 Dollar für den Job bekommen haben – der "Washington Post" zufolge, ohne dass klar war, welche Aufgaben er dort hatte.
Es gilt als unwahrscheinlich, dass Hunter Biden sich strafbar gemacht hat. Trotzdem könnte eine Befragung des 49-Jährigen, der 2015 auch mit Alkohol- und Drogeneskapaden für Schlagzeilen sorgte, für dessen Vater Joe unangenehm werden.
Verwendete Quellen:
- Encyclopaedia Britannica: John R. Bolton
- Newsweek: Donald Trump could be "badly burned", if Mike Pompeo testifies in the impeachment trial, ex-prosecutor says
- NZZ: Wer ist John Bolton? Ein Porträt
- Politico: Mick Mulvaney becomes top Democratic impeachment target
- Politico: How the fight over Trump's executive privilege could play out
- The Atlantic: Will John Bolton Bring on Armageddon – Or Stave it off?
- Zeit Online: Hunter Biden – Es bleibt immer etwas hängen
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