Nach monatelanger Gewalt im Bundesstaat Manipur im Nordosten Indiens mit mindestens 120 Toten hat Oppositionsführer Rahul Gandhi dem indischen Premierminister Narendra Modi Untätigkeit vorgeworfen. In seiner ersten Rede im Parlament nach der Aussetzung eines Urteils wegen Verleumdung Modis griff Gandhi den Regierungschef am Mittwoch scharf an.
"Die indische Armee kann innerhalb eines Tages Frieden bringen, aber Sie nutzen sie nicht... Wenn Modi nicht auf die Stimme Indiens hört, wem hört er dann zu?", fragte Gandhi und beschuldigte den Premier, das "ganze Land niederbrennen" zu wollen.
Modis hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) wird von Gegnern regelmässig beschuldigt, Zwist zwischen Bevölkerungsgruppen zu schüren, um daraus politisch Profit zu schlagen. Bei bewaffneten Zusammenstössen zwischen der überwiegend hinduistischen Meitei-Mehrheit und der überwiegend christlichen Kuki-Gemeinschaft wurden seit Mai in Manipur mindestens 120 Menschen getötet. Erst ein spätes Eingreifen von Soldaten aus anderen Bundesstaaten beruhigte die Lage etwas. In weiten Teilen Manipurs gelten weiter Ausgangsbeschränkungen und eine Internetsperre.
Oppositionsführer Gandhi war in diesem Jahr mehrere Monate als Abgeordneter vom Parlament ausgeschlossen, weil er Modi im Wahlkampf 2019 als kriminell bezeichnet hatte und im März wegen Verleumdung des Premiers verurteilt worden war. Das Oberste Gericht in Indien setzte dieses Urteil, das Gandhi als politisch motiviert betrachtet, zu Beginn der Woche aus und erlaubte Gandhis Wiedereinzug ins Unterhaus.
Gandhis Rede war Teil einer bis Donnerstag dauernden Debatte zu einem Misstrauensvotum gegen die Regierung Modi. Durch ihre klare Mehrheit im Parlament dürfte die BJP das Votum aber ohne grössere Schwierigkeiten überstehen.
Die Kongress-Partei unter Parteichef Gandhi versucht vor der Wahl in Indien im kommenden Jahr eine Koalition zu schmieden, um einen weiteren Sieg der BJP zu verhindern. Die Kongress-Partei regierte Indien über Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit 1947, hat mittlerweile aber deutlich an Einfluss verloren. © AFP
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