Die Hackerorganisation "Anonymous" hatte eine martialische Video-Kampfansage an die Terrormiliz "Islamischer Staat" adressiert. Aus Kreisen des IS gab es nun wohl eine Reaktion.
"Diese Attentate können nicht ungestraft bleiben", hatte ein Anonymous-Aktivist in dem Video erklärt. Die Person trug einen schwarzen Kapuzenpulli und die für die Hackerorganisation typische Guy-Fawkes-Maske.
Der Aktivist, dessen Organisation mittlerweile Taten folgen liess und über 5.500 Twitter-Accounts von Terroristen knackte, richtete sich mit seiner Botschaft direkt an die Terroristen des Islamischen Staats:
"Wir werden euch finden und wir werden nicht nachlassen. Wir werden die wichtigste Operation gegen euch starten, die je gegen euch geführt wurde. Der Krieg hat begonnen."
- Hier geht's zum Video: Anonymous erklärt IS den Cyberkrieg
Nun hat der IS offenbar auf die Drohung von Anonymous reagiert, wie Business Insider berichtet. Über einen Account des Messenger-Dienstes "Telegram", der dem IS zugeordnet wird, wird den Followern erklärt, wie man sich nach der Ankündigung von Anonymous verhalten solle.
Demnach soll man in Zukunft darauf achten, keine Links von unbekannter Quelle mehr zu öffnen. Zudem soll die eigene IP-Adresse in regelmässigen Abständen geändert werden.
IS über Anonymous: "Was wollen die denn hacken?"
Darüber hinaus solle man sich in den sozialen Medien, wie etwa "Telegram", nicht mit Unbekannten austauschen.
Auf "Telegram" scheint sich der vermeintliche IS-Account vor Anonymous relativ sicher zu fühlen: "Was wollen die denn hacken?", wird gefragt und darauf verwiesen, dass Anonymous bislang vor allem Accounts auf Twitter und Facebook attackiert hatte.
Auf "Telegram" hatten IS-Sympathisanten auch ihre digitalen Botschaften und Antworten auf die Terroranschläge von Paris verbreitet.
Die jüngsten Handlungsanweisung wurden nun in Arabisch und Englisch veröffentlicht und dann über weitere Channels verbreitet, die mit dem IS in Verbindung gebracht werden.
IS bereits im Februar angegriffen
Anonymous hatte dem IS bereits in der Vergangenheit mit Hackerangriffen massiv zugesetzt. Schon im Februar hackten Mitglieder der Gruppe Hunderte Twitter- und Facebook-Konten der Dschihadisten.
In einer Videobotschaft sprachen die Aktivisten schon damals eine klare Warnung aus:
"ISIS, wir werden euch jagen, eure Webseiten, Emails und Onlinekonten aus dem Netz nehmen, und eure Identität aufdecken. Von jetzt an gibt es für euch keinen sicheren Ort mehr im Netz. Ihr werdet wie ein Virus behandelt werden, und wir sind das Heilmittel."
Insgesamt hat Anonymous nach eigenen Angaben in einem Jahr 149 IS-Websites vom Netz genommen, über 100.000 Twitter-Accounts gemeldet und rund 6.000 Propaganda-Videos markiert.
Anonymous kündigt "grösste Operation" gegen IS an
Nun legte die Organisation nach: "Anonymous wird Sie auf der ganzen Welt jagen. Wir werden die grösste Operation starten, die wir jemals unternommen haben. Erwarten Sie viele, viele Cyberattacken!"
Ob Anonymous in seinem Kampf gegen den IS aber tatsächlich nennenswerte Erfolge erzielen kann, ist umstritten.
"Die informationstechnischen Strukturen von Anonymus, aber leider auch vom IS, sind derzeit nicht aufgeklärt", meint Ronald Schulze, IT-Experte beim Bund Deutscher Kriminalbeamte, im Gespräch mit unserer Redaktion.
"Wie effektiv die Angriffe von Anonymous gegen den IS sind, lässt sich daher schwer einschätzen."
Ist Anonymous wirklich effektiv?
Auch das Löschen von IS-Accounts muss die Terrormiliz nicht automatisch vor plötzliche Kommunikationsprobleme stellen.
Für Schulze ist die Konzentration von Anonymous auf die sozialen Netzwerke aufgrund ihrer Bedeutung für die Terrorgruppe zwar nachvollziehbar. Doch er gibt zu bedenken: "Ob dem IS dadurch ein wirklicher Schaden entsteht, kann man nicht eindeutig sagen."
Der Grund liegt auf der Hand: Neue Facebook-Seiten und Twitter-Accounts können schnell wieder erstellt werden. Anonymous kämpft hier gegen Windmühlen.
Zudem, warnen Sicherheitsexperten, könnte sich das Löschen dieser Kommunikationskanäle des sogenannten "Islamischen Staates" auch negativ auswirken, wenn Geheimdienste die Möglichkeit verlieren, aus diesen Kanäle Informationen auszulesen.
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